Mord und Totschlag im Wilhelma Theater
Nachdem ich im letzten Jahr das Kriminelle Finale der Stuttgarter Kriminächte verpasst habe, weil ich in Ravenna unterwegs war, freute ich mich, dieses Jahr dabei zu sein: Waren es doch die 10. Stuttgarter Kriminächte, die da zu Ende gegangen waren. Anlass genug für die Organisator*innen, dieses Jahr in einem besonderen Ambiente zu feiern: Mit dem Wilhelmatheater war eine besondere Location gefunden und darüber hinaus gab es tolle Preisträger*innen. Und ich freute mich, mal wieder hinter einem Büchertisch zu stehen: Ich unterstützte Barbara Scholz, die Sie auch als Gastrezensentin von Buchtipps kennen.
Wittwer – Thalia Debütkrimipreis 2019 für Susanne Saygin
Vier Preisträger*innen waren dieses Jahr zu küren. Nach der Begrüßung und einer launigen Rede von Kulturministerin und Jurymitglied Dr. Susanne Eisenmann hielt Tobias Gohlis, Mitbegründer der KrimiZEIT – Bestenliste, die Laudatio für die erste Preisträgerin: Susanne Saygin wurde für ihren Roman „Feinde“ ausgezeichnet.
Ihr Kriminalroman aus dem Milieu der Kölner Abreitsmigranten wurde inspiriert von eigenem Erleben: 2011 zogen in ihr Nachbarhaus in Köln – Ehrenfeld in ein Haus, das für 80 Personen gedacht war, 240 bulgarische Migranten. Ihre eigenen Vorbehalte gegen die neuen Nachbarn und das Entsetzen darüber, wie sich ihre Einstellung gewandelt hat, waren Motivation, dem Geschehen im Nachbarhaus nachzugehen und daraus einen rasanten Kriminalroman zu schreiben, der schonungslos abrechnet mit dem Kölschen Klüngel und eintaucht in die Not der modernen Arbeitssklaven. Neben den eigenen Erfahrungen in Köln zieht der Krimi seine Glaubwürdigkeit auch daraus, daß die Autorin vor Ort in Bulgarien recherchiert hat und die dort herrschende Not und Elend selbst gesehen hat.
Politikkrimipreis der Heinrich-Böll-Stiftung Baden-Württemberg für André Georgi
Heike Schiller übergab den Preis für den besten deutschsprachigen Politkrimi an André Georgi. Sein Roman „Die letzte Terroristin“ ist neben einem spannenden Thriller auch das eindrückliche Psychogramm einer Frau, die als Terroristin der dritten RAF – Generation am Attentat auf den Treuhandchef beteiligt ist. Georgi hat auch schon zahlreiche Drehbücher geschrieben und Moderatorin Astrid Fünderich wollte von ihm nicht nur wissen, was den Unterschied ausmacht zwischen dem Schreiben eines Romans und eines Drehbuchs (beim Drehbuch muss man, im Gegensatz zum Roman, keine Gefühle schildern), sondern versuchte auch gleich, ihn als Autor einer der nächsten Folgen für ihre Serie Soko Stuttgart zu gewinnen.
Ebner – Stolz Wirtschaftskrimipreis für Wolfgang Schorlau
Daß Wolfgang Schorlau (wieder einmal) für den besten deutschsprachigen Wirtschaftskrimi ausgeszeichnet wurde dürfte niemand überraschen. Sein Roman „Der große Plan“ in dem er die Griechenlandkrise mit der Geschichte der deutschen Besatzung Griechenlands während des zweiten Weltkrieges verknüpft ist spannend und meisterhaft recherchiert. Die Laudatorin Ingrid Müller-Münch beschrieb anschaulich, wie sie nach der Lektüre von Schorlaus Krimi einmal versuchte, in einer Kultursendung kurz die Griechenlandkrise zu erklären. Der Versuch scheiterte – vor der Griechenlandkrise scheut das Feuilleton zurück und überlässt das Thema lieber der Wirtschaftsredaktion. Ihre überaus kurzweiloge Laudatio kann hier nachgelesen werden.
Hypovereins – Krimipreis für Mechtild Borrmann
Zum zweiten Mal erhielt Mechtild Borrmann den Preis für den besten deutschsprachigen Kriminalroman. Zu Recht, wie ich finde, denn ihr Krimi „Grenzgänger“ ist wieder vielschichtig, spannend und bearbeitet ein Thema, das bis in die heutige Zeit hineinwirkt: Die Zustände in bundesrepublikanischen Erziehungsheimen. Immer wieder ist die Zeit während und nach dem Dritten Reich Thema ihrer Kiminalromane. Auf die Frage von Moderatorin Astrid Fünderich, woran das liege sagte sie, daß diese Zwischenzeit, in der es in diesem Roman, aber auch in „Trümmerkind“ geht, sie interessiert. Eine Zeit, in der der Krieg zu Ende war, aber das Wirtschaftswunder noch nicht begonnen hatte.
Feiern mit Häppchen am Büchertisch
Nach der Preisverleihung und dem großen Dank an die Geschäfstführung für den großen Erfolg der 10. Stuttgarter Kriminächte wurde gefeiert: Häppchen und Getränke standen bereit und die 300 Gäste nutzten die Gelegenheit, sich über das Gehörte auszutauschen, mit den Preisträger*innen in’s Gespräch zu kommen oder sich am Büchertisch erstandene Bücher signieren zu lassen. Ein würdiger Abschluss eines spannenden Abends.
Und nach den Kriminächten ist vor den Kriminächten: Die 11. Stuttgarter Kriminächte finden vom 13.3. – 27.3.2020 statt. Am besten gleich in den Kalender eintragen!
Eine Bildergalerie des Kriminellen Finales finden Sie hier
Text: Susanne Martin, Bilder: Frauke Ehlers und Susanne Martin