Was bewegte die Terroristen der RAF das zu tun, was sie taten, nämlich Menschen umzubringen, die für sie „das System“ repräsentierten? Das ist eine der Fragen, denen André Georgi, Autor und Drehbuchautor in diesem Thriller nachgeht.

Der Inhalt

Berlin 1991: Der Treuhandchef Hans-Georg Dahlmann stellt eine neue Assistentin ein, die er auch privat kennt. Sandra Wellmann ist eine Studienfreundin seiner Tochter Julia und war früher immer wieder zu Gast im Hause Dahlmann. Nach ihrem BWL- und Jurastudium und einigen Jahren, in denen sie bei einer Obdachlosenhilfe arbeitete, wollte sie zur Treuhand, um dort beim Aufbau Ost zu helfen. Das jedenfalls ist der Grund, den sie ihrer Freundin nennt, die ihr die Stelle vermittelt. In Wirklichkeit gehört Sandra zur RAF und soll Dahlmann ausspähen, der deren nächstes Opfer sein soll.

Ihr Gegenspieler ist Andreas Kawert vom BKA, der eine Reihe von V – Männern in die Szene eingeschleust hat und weiß, daß etwas geplant ist. Aber wird es ihm wirklich gelingen, das Attentat zu verhindern?

Die Hauptpersonen

André Georgi erzählt aus verschiedenen Perspektiven: Sandra Wellmann ist Mutter eines Jungen, der jedoch meist bei seiner Tante, Sandras Schwester Miriam, und seiner Großmutter lebt. Ihr Beruf lässt nichts anderes zu – meint jedenfalls ihre Familie. Sandra hat sich von Schwester und Mutter vollkommen entfremdet, alle Versuche der Mutter, die Tochter wieder für sich zu gewinnen, scheitern. Das Verhältnis zu ihrem Chef jedoch gestaltet sich von Anfang an vertrauensvoll, Dahlmann freut sich, die Jugendfreundin seiner Tochter an seiner Seite zu haben und schätzt deren manchmal rücksichtslose Offenheit. Das stürzt Sandra zunehmend in innere Konflikte, denn sie empfindet durchaus Sympathien für den Treuhandchef und merkt, daß dieser ernsthaft versucht, den Ausverkauf eines großen Chemieunternehmens in Bitterfeld an ein Konsortium aus Scheinfirmen zu verhindern. Überzeugt von seiner Mission und von vielen Politikern nur hingenommen, weil er vom Kanzler gestützt wird,  arbeitet er rund um die Uhr, seine Familie in Düsseldorf sieht er nur alle paar Wochen. Sandra versorgt ihre beiden Mitkämpfer Bettina Polheim und Matthias Gelfert mit Informationen und als sie von Dahlmann zu einem Abendessen mit der Familie eingeladen wird, scheint der Moment gekommen, in dem das Trio zuschlagen kann.

Sandras Gegenspieler ist Andreas Kawert vom BKA, der dem harten Kern der RAF seit Jahren auf der Spur ist und ein Netz von V – Männern aufgebaut hat. Eine Maßnahme, die beim BKA umstritten ist und von der endlich Ergebnisse erwartet werden. Als das BKA von einem dieser Informanten erfährt, daß ein Attentat auf seinen Bankchef geplant wird, kommt diese Warnung zu spät und der Druck auf Kawert wird immer stärker. Daß er sich gerade von seiner Frau trennt, die ebenfalls bei BKA arbeitet, macht seine Situation nicht leichter. Aber sein Chef stellt sich von ihn – noch.

Meine Meinung

Diesen Roman habe ich fast in einem Rutsch durchgelesen, so spannend fand ich ihn. Als Leserin war ich ganz dicht dran an den Terrorist*innen, ihrem Leben im Untergrund und den akribischen Vorbereitungen auf das Attentat. Ihre Motive und ihre Gedankenwelt bleiben dabei wirr und unklar, sie sind schon so lange im Untergrund, daß sie eigentlich gar nicht mehr so richtig an ihre Ideologie glauben, ein Ausstieg jedoch ist ihnen auch nicht möglich.

Aber auch Kawert ist ein Getriebener: Er ist überzeugt davon, daß es eine dritte Generation der RAF gibt, jedoch weiß man beim BKA kaum etwas über sie. Auch seine V-Leute können wenig beitragen und letztendlich gelingt es ihm nicht, die Attentate zu verhindern. Nach dem Tod von Dahlmann kommen ihm jedoch immer mehr Zweifel, ob wirklich die RAF hinter diesem Attentat steckt – einige Ungereimtheiten in der Spurenlage weisen in eine ganz andere Richtung.

André Georgi hat reale Geschehnisse (die Anschläge auf Alfred Herrhausen und Detlev Rowedder sowie die Geschehnisse in Bad Kleinen) zu einem spannenden Thriller verarbeitet, das Vorbild für Sandra Wellmann ist Susanne Albrecht, die Patentochter des 1977 ermordeten Erich Ponto, die den Attentätern den Zutritt zur Villa des Bankiers ermöglichte. Es gelingt ihm, die Atmosphäre der Nachwendezeit in den frühen 1990er Jahren realistisch einzufangen und ähnlich wie Wolfgang Schorlau bietet er eine Möglichkeit an, wie die nie wirklich aufgeklärten Geschehnisse gelaufen sein könnten.

Fazit: Absolut spannende Lektüre mit sorgfältig recherchiertem, zeitgeschichtlichem Hintergrund. Leseempfehlung!

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