Was mit E-Books nie gehen wird – ein Plädoyer für’s Bücherregal
Mittlerweile sprechen wir mindestens einmal am Tag mit unseren KundInnen und/oder KollegInnen darüber: eBooks, eReader und wohin das alles noch führen soll. Es gibt viele Argumente für und gegen diese neue Art Bücher beziehungsweise für und gegen die klassischen Bücher.
Neben den wirklich tollen Argumenten, die wir immer wieder für das klassische Printbuch suchen und finden („Sie müssen nie den Akku aufladen!“; „Das Umblättern geht viel einfacher und schneller.“; „Nein, das funktioniert ganz ohne WLAN, Sie müssen auch keine persönlichen Daten angeben!“), gibt es eines, das mir persönlich sehr am Herzen liegt: Die privaten Bücherregale der Lesenden. In dem wunderbaren Kurzroman „Das Papierhaus“ (Carlos Maria Dominguez, Diana TB, ISBN 9783453351165) wird eine der Figuren ganz liebevoll vorgestellt: Wenn er Besucher zum ersten Mal empfing, führte er sie in seine Bibliothek und verschwand dann unter Vorwänden in der Küche, um Tee oder Kaffee zu kochen, damit der Besucher in aller Ruhe seine Bücherregale betrachten und bestaunen konnte. (Das ist nicht der genaue Wortlaut, aber es trifft den Kern der Sache.)
Ich gebe zu: Ich bin auch so ein Typ, ob als Gastgeberin oder Besucherin. Ich liebe es, aus dem Augenwinkel heraus aus meiner offenen Küche zu beobachten, wie mein Besuch vorm Bücherregal steht, den Kopf schmerzhaft schief auf die Seite gelegt und die Bände inspiziert, die da momentan nach Farbe sortiert meine Wohnzimmerwand schmücken. Die Hand ausstreckt und über einige der Buchrücken streicht. Kurz über die Schulter in meine Richtung blickt und dann sorgsam ein Buch herauszieht und darin blättert, während der Kaffee zu duften anfängt. Und ich liebe es, zum ersten Mal in anderer Leute Wohnung zu stehen („Ja bitte, ich hätte gerne einen Kaffee – lass Dir aber ruhig Zeit!“) und die Bücher zu betrachten, zu befühlen und zu bewundern, aus den Regalen und Bücherschränken herauszunehmen (diese wundervollen alten Bücherschränke mit Glastüren und Schlüsseln, in denen die Schätze gehütet und ausgestellt werden!).
Und natürlich machen wir uns so ein Bild voneinander: „Ach guck, das hat er sich also auch gekauft!“. „Sieh an, sie hat sogar die gebundene Ausgabe mit Lesebändchen!“. „Also, HIER hätte ich DIESES Buch nun wirklich nicht erwartet.“
Das Ganze funktioniert auch unterwegs: In der Bahn, im Flugzehn, im Bus sitze ich dauernd Menschen mit Büchern in der Hand gegenüber und versuche anhand des Covers herauszufinden, welches Buch da grade gelesen wird – oder halte mein eigenes Buch so hoch, dass mein Gegenüber seine Neugier befriedigen kann. Und die spannendsten Begegnungen auf Reisen habe ich immer, wenn jemand ein interessantes Buch dabei hat.
Mit eReadern klappt das wohl weniger gut…
P.S.: Ja, dieses Bücherregal steht genau so bei mir im Wohnzimmer.
Kati Fräntzel