Von E-Books und Yogamatten – das Buchcamp 2012
Auch dieses Frühjahr führte mich wieder auf den mediacampus Frankfurt. Während ich bei meinem letzten Besuch im Herbst 2011 in die Zukunft blickte, wusste ich beim Besuch des 3. BuchCamp 2012 noch nicht genau, was mich inhaltlich erwarten würde. Es gab zwar 20 Sessionvorschläge, aber wie bei einem Barcamp üblich wussten die TeilnehmerInnen zum einen nicht, ob nicht noch weitere Sessions vor Ort eingebracht würden und außerdem war es spannend, was wann stattfinden würde.
Auch ich bot gemeinsam mit zwei Stuttgarter BücherFrauen eine Session an. Den BücherFrauen liegt es sehr am Herzen, daß innerhalb der Buchbranche die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert wird. Deshalb arbeitet das Netzwerk gerade daran, eine Art Gütesiegel zu entwickeln und wir nutzten die Gelegenheit, in dieser Session die bereits erarbeiteten Kriterien, an denen sich Unternehmen messen lassen müssen, um ausgezeichnet zu werden, nicht nur vorzustellen, sondern auch kritisch hinterfragen zu lassen. Wir erhielten außerdem gute Anregungen, wie wir weiterarbeiten können.
Wir hatten Glück und waren gleich in der ersten Sessionrunde „dran“, so daß ich danach ganz entspannt „konsumieren“ konnte. Wobei das natürlich bei einem Barcamp schwierig ist – leben die Sessions doch stark vom aktiven Austausch der Sessionteilnehmer. Die AnbieterInnen halten i.d.R. einen kurzen Impulsvortrag und danach wird das Thema in der Diskussion vertieft.
Welche Themen ich mir ausgesucht habe? Da war neben einer Facebooksession zum einen das Thema eines Buchhandels-Shops, der möglichst viele Datenbanken unter einer Oberfläche vereinigt. Im Rahmen des Innovationsprojektes „ProtoType“ arbeitet eine Arbeitsgruppe an dieser Idee und stellte ihre Überlegungen vor. Interessant wäre eine solche Lösung für viele Buchhandlungen deshalb, weil unsere Webshops in aller Regel Datenbanken von Großhändlern sind. Diese enthalten zwar eine sehr große Menge an Titeln, jedoch stets nur die, die beim entsprechenden Großhändler auch erhältlich sind. Wir könnten jedoch oft noch weit mehr Bücher bestellen, können das aber bisher in unseren Webshops nicht abbilden.
Mindestens ebenso spannend ist das ProtoType-Projekt „m@rtha“, das eine E-Book-Supportdatenbank für Buchhandlungen und Verlage aufbauen will. Der Gruppe schwebt eine Wissensdatenbank vor, in der wir über alles, was mit dem Thema E-Book zu tun hat, recherchieren können. Da war natürlich die Meinung der anwesenden BuchhändlerInnen und auch deren alltägliche Probleme beim Verkauf von E-Books gefragt. Und davon gibt es schon einige….
Beides sind sehr ambitionierte Vorhaben und man darf gespannt sein, ob daraus tatsächlich echte „Prototypen“ werden, aus denen später Geschäftsmodelle entstehen können.
Die letzte Session, die ich besuchen konnte erwies sich, ganz gegen meine Erwartung, als die interessanteste und als eine Session, aus der ich handfeste Ideen und Anregungen mitnehmen konnte: „Was verkaufen wir in Zukunft – kein Bock auf Seife, Schokolade und Yogamatten“ lautete der provozierende Titel. Sicher haben auch Sie es schon in der Presse gelesen: Viele Buchhandlungen, vor allem die großen Filialisten, versuchen, rückläufige Buchumsätze durch den Verkauf von „Non-Books“ aller Art zu kompensieren. Sicher ein legitimer Weg, der aber auch die Gefahr in sich birgt, irgendwann nicht mehr als Buchhandlung erkennbar zu sein. Zu Beginn zeigte der Kollege aus Eutin, der die Session anbot, sehr schön die Entwicklung der verschiedenen Warengruppen und alle anwesenden BuchhändlerInnen waren sich einig, daß sie ähnliche Erfahrungen machen: Stapeltitel werden nicht mehr in den Stückzahlen gekauft wie noch vor 3 Jahren, in vielen Warengruppen wie Taschenbuch oder Belletristik gehen die Stückzahlen, die man pro Titel verkauft, zurück. Ein Indiz dafür, daß solche Verkäufe, bei denen die Menschen genau wissen, was sie wollen, immer öfter über das Internet abgewickelt werden – leider all zu oft nicht über die Internetseiten der Buchhandlungen, bei denen sie offline einkaufen. Weiss man jedoch nicht so genau, was man eigentlich will, will man einfach nur stöbern oder sucht ein Geschenk, dann lässt man sich von der Auswahl in der Buchhandlung inspirieren oder beraten.Die Stunde reichte kaum aus, um sich nach dieser Analyse auszutauschen, Tipps zu geben oder auch über den gemeinsamen Einkauf mancher exotischer Artikel nachzudenken. Ohne Non-Books geht es nicht, aber die Mischung macht‘s und ich denke, wir in der Schiller Buchhandlung sind da schon auf einem guten Weg!
Zwischen den Sessions blieb genug Zeit, sich mit anderen TeilnehmerInnen auszutauschen – daß das nicht nur BuchhändlerInnen, sondern auch Verlags- und andere Medienmenschen waren, machte die Unterhaltungen besonders lebendig und interessant.
So bleibt nach einem anregenden Wochenende das Fazit: Schön war‘s, anregend war‘s und es machte Mut, sich allen Herausforderungen in unserer Branche zu stellen!
Text: Susanne Martin, Bilder: Susanne Martin und Börsenverein des deutschen Buchhandels (Logo, E-Booksession)
Der Bericht macht Lust darauf, beim nächsten Buchcamp dabei zu sein. Klingt nach einer produktiven, gemeinschaftlichen Denk-Investition in die Zukunft, die auch noch Spaß macht.
Der Buchhandels-Shops, der möglichst viele Datenbanken unter einer Oberfläche vereinigt, macht mich am meisten neugierig.