Harriet stand einmal vor einer Karriere als Konzertpianistin, bis eine scheinbar harmlose Operation an der Hand ihren großen Traum zerstörte. Zumindest ist es das, was sie bisher glaubte. Aber seit sie eine Frau vor einem Waldbrand gerettet hat, wird sie von seltsamen Erinnerungen geplagt: Szenen, die aus einem anderen Leben zu stammen scheinen – und immer wieder Bilder von Gewalt, die sie selbst ausübt …

Harriet zweifelt an ihrem Verstand und begibt sich auf eine Reise in ihre Vergangenheit. Doch damit scheint sie etwas loszutreten, das sie nicht mehr kontrollieren kann, und mit jeder verborgenen Erinnerung, die zurückkehrt, kommt sie einer gefährlichen Wahrheit bedrohlich nahe … (© Suhrkamp Verlag)

Wie schon Paradise City spielt auch dieser Roman in einer nahen Zukunft. Harriet lebt in Frankfurt und ist Klavierbauerin, ein Beruf, der ihrer ursprünglichen Karriere als Konzertpianistin am nächsten ist. Eine Operation an ihrer Hand machte alle Pläne zunichte und auch von ihrem Beruf als Klavierbauerin kann sie nicht wirklich leben. Sie wohnt, wie viele andere auch, in einem leerstehenden Bankgebäude, sie hat Glück: Ihr Zimmer ist geräumig, vielleicht war es mal ein Besprechungsraum, und liegt in einem der oberen Stockwerke. Sie muss sich regelmäßig beim Amt melden und arbeitet Schicht in einer Securityfirma, die ein Luxuskaufhaus bewacht, in dem nur die Reichsten einkaufen können. Bei der Rettungsaktion der alten Frau fallen alle ihre Papiere und ihr Handy dem Feuer zum Opfer. Die Papiere wieder zu bekommen ist in der durchdigitalisierten Welt, in der Harriet lebt, kein Problem, aber dass sich darunter auch ein Führerschein befindet, den sie viele Jahre zuvor in München gemacht haben soll irritiert sie ebenso wie die immer häufigeren Erinnerungsflashs, die sie heimsuchen. Lebt sie in einem Parallelluniversum?

Auch dieser Krimi ist ein echter Pageturner. Geschickt steigert Zoe Beck die Spannung von Kapitel zu Kapitel, so wie Harriet war ich als Leserin sicher, dass irgendetwas in ihrer Vergangenheit passiert sein muss, von dem jemand möchte, dass sie es auf keinen Fall erfährt. Das Thema Erinnerung ist spannend und es war mir relativ schnell klar, dass eine Manipulation von Harriets Erinnerungen hinter all dem stecken könnte, was ihr widerfährt. Die Auflösung war trotzdem überraschend.

Bei aller Spannung ging es mir jedoch ähnlich wie in Paradise City: Die Figuren blieben mir merkwürdig fern, so richtig warm wurde ich mit keiner von ihnen. Was mir hingegen gut gefiel war, wie Zoe Beck das düstere Zukunftsszenario gestaltet, das den Hintergrund des Romans bildet: Beinahe beiläufig zeigt sie, wie eine Welt aussehen kann, in der es sehr wenige sehr reiche Menschen gibt und viele, die sich nicht einmal mehr eine Wohnung leisten können und die engmaschig vom Amt überwacht werden. Auch der Waldbrand, vor dem sie die alte Frau rettet, ist nichts besonderes – an ständig ausbrechende Waldbrände und hohe Temperaturen haben sich die Menschen bereits gewöhnt. So ist dieser Thriller nicht nur eine spannende Vision, wie Erinnerungen manipuliert werden können, sondern zeichnet auch eine düstere Zukunft, die möglicherweise nicht mehr sehr fern ist.

Fazit: Ein spannender Thriller mit Pageturnerqualitäten – ich würde mir von Zoe Beck jedoch für weitere Thriller sorgfältiger gezeichnete Protagonist:innen wünschen.

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