Dieses Buch wurde mit dem Deutschen Krimipreis 2020 in der Kategorie National ausgezeichnet und war deshalb Pflichtlektüre für mich.

Der Inhalt

Deutschland in der Zukunft. Die Küsten sind überschwemmt, weite Teile des Landes sind entvölkert, und die Natur erobert sich verlassene Ortschaften zurück. Berlin ist nur noch eine Kulisse für Touristen. Regierungssitz ist Frankfurt, das mit dem gesamten Rhein-Main-Gebiet zu einer einzigen Megacity verschmolzen ist. Dort, wo es eine Infrastruktur gibt, funktioniert sie einwandfrei. Nahezu das gesamte Leben wird von Algorithmen gesteuert. Allen geht es gut – solange sie keine Fragen stellen.

Liina, Rechercheurin bei einem der letzten nichtstaatlichen Nachrichtenportale, wird in die Uckermark geschickt, um eine, wie sie glaubt, völlig banale Meldung zu überprüfen. Dabei sollte sie eigentlich eine brisante Story übernehmen. Während sie widerwillig ihren Job macht, hat ihr Chef einen höchst merkwürdigen Unfall, der ihn fast das Leben kostet, und eine Kollegin wird ermordet. Beide haben an der Story gearbeitet, die Liina versprochen war. Anfangs glaubt sie, es ginge darum, ein Projekt des Gesundheitsministeriums zu vertuschen, aber dann stößt sie auf die schaurige Wahrheit: Jemand, der ihr sehr nahesteht, hat die Macht, über Leben und Tod fast aller Menschen im Land zu entscheiden. Und diese Macht gerät nun außer Kontrolle … (© Suhrkamp Verlag)

Meine Meinung

Diesen Krimi habe ich in einem Rutsch durchgelesen. Er ist spannend und gut konstruiert. Die Folgen des Klimawandels dienen eher als Kulisse, das, was den Roman durchdringt ist die vollkommende Überwachung der Bevölkerung durch den Staat. Jeder Mensch hat ein Smartcase, ohne das niemand auskommt: „Niemand geht ohne Smartcase raus. Mit dem Smartcase bezahlt man, es dient als Personalausweis, sämtliche Zugangsbererechtigungen – ebenso die Bereiche, für die man gesperrt ist – sind darauf gespeichert, die Gesundheitsdaten sind darüber im Notfall abrufbar, einfach alles.“ (S. 37) Dass die Menschen so auch permanent ihre Daten abgeben, ist ihnen gleichgültig, es geht ihnen materiell gut, sie haben eine 20 Stundenwoche, Arbeitslose gibt es keine.  Ein zentrales Element ist die Gesundheitsapp KOS, die automatisch meldet, wenn Medikamente genommen werden müssen oder Vorräte zur Neige gehen, wenn sich am Gesundheitszustand etwas ändert oder Untersuchungen anstehen. Die Regierung erhofft sich von einer Lizensierung dieser App große finanzielle Einnahmen.

Liina, aus deren Perspektive die Geschichte erzählt wird, arbeitet als Rechercheurin für eines der letzten unabhängigen Nachrichtenportale, das es noch gibt, denn die Medien sind längst verstaatlicht.  Das Ziel der Arbeit von Liina und ihren Kolleg*innen ist, die Menschen mit ihren Berichten aus ihrer satten Gleichgültigkeit aufzurütteln. Sie profitiert besonders von den großen medizinischen Fortschritten, die im Gesundheitsbereich gemacht wurden, denn sie ist herzkrank und Teil eines streng geheimen Projektes, was sie zu einer Schlüsselfigur in der Story macht, in der sie ermittelt.

Zoe Beck gelingt es sehr gut, ihre Leser*innen in eine Zukunft zu entführen, die eigentlich gar nicht mehr so weit weg ist. Wenn man die gegenwärtigen Diskussionen um Gesundheitsapps verfolgt, die bei entsrechendem Lebenswandel mögliche finanzielle Vorteile bei den Krankenversicherungen bringen könnten oder die Debatte um Privilegien für diejenigen, die sich gegen Corona impfen lassen, fühlt man sich sich schon auf dem Weg nach Paradiese City. Und wenn man sich dann noch die digiatle Totalüberwachung in China vergegenwärtigt, hat man das Gefühl, dieses Land ist schon fast dort angekommen. Dabei verzichtet Zoe Beck auf die Schilderung technischer Finessen, sondern sie konzentriert sich darauf, was diese Welt mit den Menschen macht: Vieles ist durchaus besser geworden, wer mit wem zusammenlebt oder wer woher kommt, spielt keine Rolle mehr. Aber  natürlich gibt es auch eine dunkle Seite, denn Menschen, die nicht in das perfekte Bild passen, sind nicht vorgesehen.

Insgesamt jedoch blieben mir ihre Figuren merkwürdig fern, auch wenn mir natürlich sehr gut gefallen hat, daß es sich durchweg um starke Frauen handelt. Aber so richtig warm wurde ich mit keiner davon. Und so richtig warm wurde ich letztendlich auch nicht mit dem ganzen Buch. Das mag aber vielleicht auch daran liegen, daß die Zeiten gerade dystopisch genug sind, da mag ich das nicht auch noch in einem Krimi lesen, ganz egal, wie realsitisch er ist und wie klug der Plot geponnen ist.

Fazit: Ein spannender, realistischer Blick in eine Zukunft, von der wir nicht mehr allzu weit entfernt sind, verknüpft mit einem interessanten Kriminalfall. Vor einem Jahr hätte ich es mit Begeisterung gelesen, jetzt gerade konnte ich mich nicht so darauf einlassen, wie es angemessen gewesen wäre. Das mag aber anderen Leser*innen ganz anders gehen!

Hier können Sie einen Blick in’s Buch werfen.

In diesem Video (5:09 Min.) beantwortet Zoe Beck 5 Fragen zu ihrem Buch

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