„Lydia ist tot.“ So lautet der erste Satz dieses Debütromans der jungen amerikanischen Autorin Celeste Ng, der zum Bestseller in den USA wurde und der auch meiner Mitarbeiterin Natalie Puttkammer so gut gefiel, daß sie ihn bei unserem Buchvorstellungsabend 2016 vorstellte. Auf einer langen Autofahrt habe ich ihn mir nun als Hörbuch angehört und bin, um es gleich vorweg zu nehmen, begeistert.

Daß Lydia tot ist ahnt ihre Familie an jenem Morgen Anfang Mai 1977 noch nicht, sie wundert sich zuerst einmal nur, daß Lydia nicht zum Frühstück erscheint. Aber Marilyn, ihre Mutter stellt fest, daß Lydias Zimmer leer ist und sie offensichtlich nicht zu Hause war in der vorhergegangenen Nacht. Und langsam macht sich in der Familie die Erkenntnis breit, daß etwas passiert sein muss.

Als Lydia einen Tag später tot im nahegelegenen See gefunden wird, wird dies zu einer Belastungsprobe für die Familie, an der sie zu zerbrechen droht.

Celeste Ng beschreibt das Psychogramm einer Familie: James, der Vater von Lydia, ist der Sohn chinesischer Einwanderer und als er in den 60er Jahren als Professor an die Universität von Ohia kommt, ist er der einzige Asiate dort. Marilyn, die junge Studentin, die unbedingt Medizin studieren möchte und die in dem frauenfeindlichen Universitätsmileu erste Erfolge verzeichnen kann, verliebt sich in ihn und heiratet ihn gegen den Willen ihrer Mutter. Dem Paar werden 3 Kinder geboren: Nathan, Lydia und die Nachzüglerin Hannah. Eine scheinbar perfekte Familie. Der Tod von Lydia jedoch bringt das Gefüge durcheinander und es tun sich Abgründe auf: Wollte Lydia wirklich unbedingt Medizin studieren, so wie es Marilyn es sich für ihre Tochter wünschte? War sie wirklich so beliebt, wie James dachte? Und welche Rolle spielt der Nachbarsjunge Jack, den Nathan hasst und den er mit seiner Schwester gesehen hat?

Celeste NG taucht tief ein in die verschiedenen Wahrnehmungen der Familie und so erzählt dieser Roman nicht nur eine Geschichte über die Sehnsüchte von Eltern, die für ihre Kinder all das erreichen möchten, was ihnen selbst nicht vergönnt war. Er kann ebenso als Mutter-Tochter-Roman gelesen oder gehört werden, als Roman über Rassismus und Antifeminismus,  als Vater – Tochter – Roman oder als Roman über eine symbiotische Geschwisterbeziehung. Ng wechselt dabei gekonnt die Perspektiven und Zeitebenen und lässt dann ziemlich gegen Ende des Romans auch noch Lydia zu Wort kommen, die die ganze Zeit im Zentrum des Geschehens steht, obwohl sie nicht mehr lebt.

Britta Steffenhagen liest den Roman perfekt. Ihre Stimme passt genau zur Geschichte und ihren Personen, ihre zurückhaltende und dennoch intensive Lesart machen dieses Hörbuch zu einem absolut fesslenden Hörvergnügen.

Spannend wie ein Krimi, psychologisch und literarisch überzeugend – ein tolles Hörbuch, das ich voll und ganz empfehlen kann!

Bei buch+musik in Stuttgart- Vaihingen können Sie diesen Roman als Buch oder Hörbuch zur Abholung oder zum Download in verschiedenen Ausgaben bestellen

Auf der Seite des Audioverlages gibt es eine Hörprobe, Sie können sie hier anhören

Auf Perlentaucher finden Sie eine Zusammenfassung verschiedener Rezensionen

Auch die NZZ hat das Buch besprochen, sie können die Rezension hier nachlesen