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Nachdem mir der erste Band aus dieser Reihe sehr gut gefallen hatte, war ich gespannt, wie es mit den Ermittlern aus Gera weitergeht, denn der erste Band hatte ein Ende, das vieles offen ließ. Ich bedanke mich beim Rowohlt Verlag, der mir erneut ein kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte.

Der Inhalt

Jena, 1985. Ein junger Mann ist ermordet worden. Ein Punker, so nennen sich diese Gestalten, die vom sozialistischen Staatswesen so schwer auf Linie zu bringen sind. Die Ermittler der Morduntersuchungskommission um Oberleutnant Otto Castorp nehmen schnell den Vater des Opfers ins Visier, einen Antiquitätenhändler mit Westkontakt, der dem Arbeiter- und Bauernstaat feindselig gegenüber steht. Der Ermordete, das weiß Castorp, hatte sich als Informeller Mitarbeiter bei der Staatssicherheit verpflichtet. Zudem scheint der Fall auch mit einer Einbruchsserie in der Stadt zu tun zu haben. Und mit alten Geschichten. Sehr alten, sehr finsteren Geschichten – sie reichen zurück in die Zeit vor 1945. (© Rowohlt Verlag)

Meine Meinung

Auch dieser Band hat mir wieder gut gefallen. Ich musste mir Zeit nehmen, um in die Geschichte hineinzukommen und mich in die DDR Mitte der 80er Jahre zurückversetzen zu können. Aber ich wurde wieder mit einem komplexen und spannenden Fall belohnt! Hauptsächlich kommen Otto Castorp, der Ermittler, der im letzten Band Selbstjustiz übte und die Freundin des Mordopfers Melchior Nikoleit, Julia Frühauf, zu Wort. Die junge Frau ist die Tochter eines Pfarrers, der von der Stasi beobachtet wird und sie spielt gemeinsam mit ihrem Freund und zwei Kumpeln, Sohle und Biber, in einer Punkband, die sich „Ernteeinsatz“ nennt. Punk ist im sozialistischen System ungern gesehen und ob die Band die Genehmigung zu öffentlichen Auftritten bekommt, ist offen. Aus Julias Sicht erfahren wir als Leser:innen, wie sich die jungen Leute am politischen System reiben und versuchen, aufzubegehren. Für alle drei ist ganz klar, daß Melchiors Vater derjenige sein muss, der seinen Sohn erschlagen hat.

Otto Castorp, der mit Eheproblmenen kämpft, hat ein gewisses Verständnis für die jungen Leute, ganz im Gegensatz zu seinem Kollegen Rolf. Otto ist völlig kosterniert, als Rolf andeutet, daß er weiß, daß er in ihrem letzten Fall den Mörder getötet hat, weil er keine andere Möglichkeit sah, der Gerechtigkeit zu ihrem Recht zu verhelfen. Das, aber auch der Umgang mit den jungen Leuten durch die Polizei führt zu Spannungen zwischen den beiden Ermittlern, vor allem, als ein weiterer Verdächtiger ins Visier gerät: Sohles Vater, der ein ranghoher Offizier mit einer dunklen Vergangenheit ist.

Max Annas gelingt es wieder hervorragend, die von gegenseitigem Misstrauen geprägte Atmosphäre der DDR einzufangen. Wem kann man trauen, wer könnte ein IM sein, aber auch die völlige Leugnung von möglicher Schuld während des 3. Reiches, all das prägt die Menschen und den Umgang miteinander. Auch dieses Mal findet er ein überraschendes Ende und ob wirklich der wahre Mörder gestellt wurde, blieb für mich ein Stück weit offen.

Fazit: Keine leichte Kost, aber absolut lesenswert – ich freue mich auf den dritten Band dieser ungewöhnlichen Krimireihe!

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