Dieses Buch war im Leseexemplar – Paket des Hanser Verlages enthalten, das mir eine Freundin mitgebracht hat. Das schöne Cover und das Thema haben mich sofort angesprochen!
Wieder einmal greife ich gerne auf den Verlagstext zurück:
Das Dorf liegt in Nordsyrien, nahe zur Türkei. Jeden Sommer verbringt Leyla dort. Sie riecht und schmeckt es. Sie kennt seine Geschichten. Sie weiß, wo die Koffer versteckt sind, wenn die Bewohner wieder fliehen müssen. Leyla ist Tochter einer Deutschen und eines jesidischen Kurden. Sie sitzt in ihrem Gymnasium bei München, und in allen Sommerferien auf dem Erdboden im jesidischen Dorf ihrer Großeltern. Im Internet sieht sie das von Assad vernichtete Aleppo, die Ermordung der Jesiden durch den IS, und gleich daneben die unbekümmerten Fotos ihrer deutschen Freunde. Leyla wird eine Entscheidung treffen müssen. (© Hanser Verlag)
Dieses Buch habe ich sehr gerne gelesen. Es beginnt ganz langsam, scheinbar harmlos. Jeden Sommer reist Leyla mit ihren Eltern, einem jesidischen Kurden und einer Schwarzwälderin in das Heimatdorf des Vaters. Zu Beginn lesen wir das aus der Perspektive des Mädchens, das noch ganz Kind ist und sich auf die Besuche bei den Großeltern und den Cousinen und Cousins freut. Schon Wochen vorher beginnen die Vorbereitungen, werden die Dinge, die die Verwandten brauchen, eingekauft. Aber Leyla darf nie sagen, daß sie nach Kurdistan reist, denn das gibt es offiziell nicht – die Familie reist nach Syrien. Das Leben in der Großfamilie ist ganz anders als das Leben in Deutschland, nie ist man allein, was Leyla zu Beginn genießt, irgendwann jedoch nervt – und dennoch ist sie stets zutiefst traurig, wenn sie wieder zurückkehren muss. Besonders innig ist das Verhältnis zu ihrer Großmutter, einer tief gläubigen Frau, die ihre reliösen Vorstellungen an die Enkelin weitergeben will. Die Cousinen und Cousins jedoch finden Leyla oft hochnäsig und hänseln sie immer wieder. Auch ihre Mutter ist nur teilweise respektiert – viele halten sie für eine Spionin, schätzen andererseits jedoch auch ihre medizinischen Fähigkeiten als Krankenschwester.
Ronya Othmann beschreibt diese Besuche atmospärisch dicht und in einer zwar schlichten aber dennoch, wie ich finde, schönen Sprache, die alles sehr vorstellbar macht. Zu Beginn ist der Horizont auf das kindliche Erleben konzentriert, aber je älter Leyla wird, desto mehr erweitert sich ihre Perspektive und damit auch unsere, desto mehr erfahren wir von den politischen Verwerfungen und dem immer weiter voranschreitenden Verlust der Lebenswelt von Leylas Familie. Das wirkt sich auch auf ihr Leben in Deutschland aus, in dem der Fernseher die Geschehnisse in das Wohnzimmer der Familie trägt. Gegen Leylas Erleben stellt die Autorin die Geschichten, die der Vater ihr aus seiner Jugend erzählt und die vor allem im ersten Teil des Buches einen Kontrast zum kindlichen Erleben von Leyla bilden.
Fazit: Ein sehr vielschichtiger Roman, der nicht nur etwas über die jesidischen Kurden erzählt sondern auch über die innere Zerisssenheit einer jungen Frau, die zwischen zwei Kulturen steht. Große Leseempfehlung!
Ein Interview mit Rony Othmann im Deutschlandfunk können Sie hier nachlesen bzw. -hören.
Wenn Sie Lust bekommen, das Buch zu lesen, können Sie es in den beiden Vaihinger Buchhandlungen buch+musik oder Vaihinger Buchladen bestellen oder herunterladen. Die Links führen direkt in die jeweiligen Webshops.
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