November 1918: Der Krieg geht zu Ende, vom Waffenstillstand wird überall offen geredet. Aber Leutnant Pradelle will noch etwas für seine Karriere tun und sorgt dafür, daß er sein Regiment in einen letzten Kampf schicken kann. Soldat Albert Maillard entdeckt während des Sturms auf den Schützengraben der Deutschen den ungeheuerlichen Betrug Pradelles, mit Hilfe dessen er den Angriff provozieren konnte. Pradelle wiederum möchte nicht auffliegen und der Bombentrichter, neben dem Albert steht, kommt ihm gerade recht und er stößt Albert hinein. Als diesem nach einem Granateneinschlag in nächster Nähe der Erstickungstod droht, betritt der dritte Hauptprotagonist dieses Romans die Bühne: Edouard Péricourt. Er rettet Albert in letzter Sekunde das Leben und wird unmittelbar danach von einem Granatsplitter getroffen, der sein Gesicht zerstört. Soweit der fulminante Beginn dieses Romans, der sein schwieriges Thema mit einer gewissen Leichtigkeit behandelt und deshalb von einigen Kritikern als Schelmenroman bezeichnet wurde.

Albert und Eduard werden zu einer Schicksalsgemeinschaft: Edouard will in seinem Zustand seiner Familie nicht mehr unter die Augen treten und nimmt eine neue Identität an und Albert, von seiner Freundin verlassen und traumtisiert durch seine Verschüttung, versorgt den Lebensretter mit Morphium. Um sich über Wasser halten zu können, hecken sie einen raffinierten Betrug aus: Den illegalen Handel mit Kriegsdenkmälern.

Predelle hingegen steigt in der Nachkriegsgesellschaft rasch nach oben auf (begünstigt durch seine Heirat mit Edouards schöner Schwester) und macht das große Geld durch die massenhafte Umbettung toter Soldaten. Aber er bewegt sich mit seinem Geschäft am Rande der Legalität und es kann nicht ausbleiben, daß er und seine beiden früheren Opfer noch einmal aufeinander treffen…..

Man merkt diesem Buch, das 2013 mit dem Prix Goncourt ausgezeichnet wurde und jetzt als Taschenbuch vorliegt an, daß Pierre Lemaitre schon viele Kriminalromane geschrieben hat: Seine Konstruktion ist schlüssig und raffiniert, die Auflösung gelungen. Dabei handelt es sich hier keineswegs um einen Kriminalroman, sondern um einen historischen Roman (auch wenn der Autor es ablehnt, in diese Kategorie gepackt zu werden). Lemaitre beschreibt eine Nachkriegsgesellschaft, die ihre Soldaten ins Nichts entlässt und sich dafür lieber um ihre gefallenen Helden kümmert: Heldengräber und Kriegsdenkmäler für den unbekannten Soldaten anstatt Wiedereingliederung der entwurzelten, verletzten und traumatisierten Männer, die von der Front zurückkehren. Das alles serviert er uns in einer leichten, manchmal fast humorvollen Sprache – anders wäre die Grausamkeit, die in diesem Buch auch steckt, nicht zu ertragen.

Spannende, tiefgründige und ganz besondere Lektüre!

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