Madiha ist aus Syrien geflohen und in einer Flüchtlingsunterkunft in der Nähe von Düsseldorf gelandet, wo sie mit über 400 Menschen unterschiedlichster Nationalitäten lebt. Da sie ihre Kindheit in der Familie ihres Onkels verbracht hat, der mit einer Deutschen verheiratet war, spricht sie Deutsch und kann deshalb ihre Betreuerin in den Gesprächen mit vielen anderen Flüchtlingen unterstützen. Die Flucht hat Madiha nur durch die Unterstützung eines fremden Mannes überlebt, dem sich sich deshalb verbunden fühlt. Aber eines Tages ist Harun verschwunden und als Madiha auf Drängen ihrer Madiha Betreuerin eine Vermisstenanzeige aufgibt und seine Sachen aus seinem Spind holt, wird in der darauffolgenden Nacht ein Molotowcocktail in ihr Zimmer geworfen. Sie ist vollkommen verunsichert, daß die scheinbar sichere Welt nicht so sicher zu sein scheint. Aber sie fühlt sich Harun verpflichtet und versucht, herauszufinden, was passiert ist und damit scheint sie irgendjemanden zu nahe zu kommen, der seine ganz eigenen Ziele verfolgt……

Es war nur eine Frage der Zeit, wann der erste Kriminalroman erscheinen wird, der sich mit dem Thema beschäftigt, das die Republik seit 2015 intensiv beschäftigt, der Flüchtlingsfrage. Und dieser ist gleich sehr gelungen. Mich hat er beeindruckt, weil die Autorin ihn ganz konsequent aus der Perspektive von Madiha erzählt. Durch sie bekommen wir Leserinnen und Leser nicht nur einen ganz anderen Blick auf unser Land, sondern wir schauen auch in das Innere einer traumatisierten jungen Frau, die ohne es zu wollen in einem ihr vollkommen fremden Land gelandet ist. Wir erleben mit, wie es ist, in einer Unterkunft, zusammengepfercht mit vielen anderen Menschen, die ebenfalls schreckliches erlebt haben, zu leben: Ohne jede Privatsphäre, zwar versorgt, aber mit einem Essen, das lieblos zubereitet ist, gekleidet in Sachen, die einem zwar möglicherweise passen, aber mehr auch nicht.

Madiha  ist keine der modernen jungen Frauen aus den syrischen Städten, die scheinbar moderne Ansichten haben. Sie stammt aus einem Dorf, trägt den Hidjab und würde nie auf die Idee kommen, einem Mann, den sie nicht kennt in die Augen zu sehen oder ihn gar zu berühren. Sie ist mutterseelenallein, auch wenn sie mit 7 weiteren Frauen in einem Zimmer schläft und sie hat auch kein Handy.

Aber Madiha ist eine starke Frau, die unbedingt wissen möchte, was mit ihrem Retter passiert ist. Schritt für Schritt tastet sie sich vor, fährt alleine mit dem Bus und dem Zug, knüpft eigene Kontakte und macht sich dabei stets Gedanken um das merkwürdige Leben, das wir hier in Deutschland führen. Dabei unterlaufen ihr auch Fehler, weil sie niemanden hat, dem sie vertrauen kann, Fehler, die tragische Folgen haben. Aber am Ende kann man hoffen, daß Madiha lernt, ihr Schicksal anzunehmen und eine Perspektive in diesem ihr so fremden Land zu haben.

Ein wirklich besonderer Kriminalroman mit einem intelligenten Plot, der zum Nachdenken anregt und der seine Leserinnen und Leser mit anderen Augen auf die Menschen blicken lässt, die zu uns kommen.