Vielleicht eine Bemerkung vorneweg: Wer gerne actionreiche, rasante Krimis liest, der sollte die Finger von diesem Buch lassen. Denn es ist vielleicht nicht einmal ein hundertprozentiger Kriminalroman, obwohl Ulrich Ritzels Ermittler Hans Berndorf in ihm durchaus ermittelt.

Ermitteln tut er allerdings nicht in einem Mordfall, sondern er recherchiert im Auftrag von Nadja Schwertfeger, die in einer Erzählung in einem Nachkriegsromanheft über ein winziges Detail stolpert: Der genauen Beschreibung einer Spielzeugkatze, die genau der gleicht, die sie von ihrer leiblichen Mutter bekam, bevor sie sie verlassen hat. Handelt es sich bei der Erzählung von Paul Anderweg etwa um eine tatsächliche geschehene Episode aus den letzten Kriegstagen?

Zunächst versucht Nadja selbst, in dem kleinen schwäbischen Dorf herauszufinden, was Wahrheit und was Fiktion ist. Aber als sie dort nur auf eine Mauer des Schweigens trifft, schaltet sie nach einen Tipp Hans Berndorf ein, der mit der Gegend vertraut ist und seine ganz eigenen Interessen hat, der Geschichte nach zu gehen. Nadja und er kommen nicht besonders gut miteinander aus, aber sie haben mehr gemeinsam, als sie zunächst vermuten.

Wie gesagt, das ist weniger ein Krimi (obwohl es sich im letzten Viertel noch in eine Kriminalermittlung verwandelt) sondern es ist die Geschichte einer Recherche. Hartnäckig verfolgen Nadja und Berndorf Spuren, die verwischt zu sein scheinen und die doch bei weiteren Versuchen immer ein Stück weiterführen. Auch das vielgepriesene Internet hilft zwar immer wieder für die größeren historischen Zusammenhänge, aber ohne die Erinnerungen von Zeitgenossen und seinen eigenen, verschwommenen Kindheitserinnerungen wäre Berndorf dem, was in der Nacht an Hitlers letztem Geburtstag in einem kleinen Dorf auf der schwäbischen Alb niemals auf die Schliche gekommen.

Ein anspruchsvoller, spannender Kriminalroman über die Wirren des Kriegsendes, über Identitäten und Erinnerungen und darüber, wie die Kriegszeit auch heute noch das Leben der Menschen beeinflussen kann.