Dieses Buch interessierte mich, weil ich in den 80er Jahren zweimal als Volontärin in einem Kibbuz nahe der libanesischen Grenze war und deshalb immer wieder gerne Bücher lese, die sich mit der israelischen Geschichte beschäftigen.

Der Inhalt

Jerusalem 1946: Noch ist Israel britisches Mandatsgebiet und im Untergrund kämpfen 2 Organisationen für einen eigenen Staat: Die Haganah, die eine eher moderate Strategie verfolgt und die Irgun, die terroristische Anschläge gegen die Araber und die Briten verüben. In diese brodelnde Stadt kommt Brand, ein europäischer Jude, dessen ganze Familie im Holocaust ums Leben kam. Er arbeitet als Taxifahrer und hat immer wieder Aufträge, bei denen er Männer durch die Stadt fährt, die ganz offensichtlich zum Untergrund gehören. Nach und nach wird er immer tiefer in die Aktionen hineingezogen, die die Haganah zunächst alleine, später zusammen mit der Irgun durchführt. Waren es zu Beginn Anschläge gegen Einrichtungen der Briten, richtet sich der ganz große Anschlag gegen das Hotel King David. In all diese Aktivitäten ist auch Eva verwickelt, die ebenfalls ihre Familie im Holocaust verloren hat und als Prostituierte arbeitet. Sie ist Brands Geliebte und gleichzeitig engagiert im Untergrund. Beim Anschlag auf das Hotel spielt sie eine entscheidende Rolle, ohne das Brand dies weiß.

Meine Meinung

Laut Klappentext des Buches spielt das Buch 1947, jedoch habe ich im ganzen Buch keine Jahresangabe gefunden und da das Attentat auf das Hotel King David 1946 stattfand und sehr detailliert beschrieben wird, denke ich, es ist auch in diesem Jahr angesiedelt. Letztendlich spielt das aber keine Rolle.

Brand, der Flüchtling, der alles verloren hat, ist selbst auch eine verlorene Figur: Er kommt nicht damit zurecht, daß er überlebt hat und als einziger übrig geblieben ist. Diese Erfahrung verbindet ihn auch mit Eva, mit der er sich wohlfühlt.Er kämpft jedoch bei jeder Zusammenkunft mit seinem schlechten Gewissen. Diese Verlorenheit beschreibt Stewart O’Nan sehr gut und sie passt in die Atmosphäre einer Stadt, die ebenfalls in einer gewissen Art verloren ist: Die Briten als Besatzer sind stets auf der Hut vor Anschlägen von arabischer oder jüdischer Seite, Nach jedem Anschlag werden Menschen verhaftet, in’s Gefängnis gesteckt und manchmal auch zum Tode verurteilt. Auch Brand weiß nie, ob er mit seinem Taxi an sein Ziel kommen wird oder durchsucht und im Gefängnis landen wird. Eigentlich weiß er auch nie genau, woran er mit seinen Taxifahrten eigentlich beteiligt ist, wen er transportiert. Aber man scheint ihm zu vertrauen, denn eines Tages ist er bei einem Anschlag auf einen Zug dabei. Erst nach und nach merkt er, daß Eva eine wichtige Rolle in der Organisation spielt

Mich hat die Art, wie O’Nan diese geheimen Operationen beschreibt ein wenig an John Le Carré erinnert, bei dem es manchmal auch nicht so recht klar ist, wer eigentlich mit wem paktiert und welche Ziele damit verfolgt werden. Aber darum geht es eigentlich auch nicht – das, was für mich die eigentliche Spannung des Romans ausmachte ist, wie Stewart O’Nan die Atmosphäre einer Stadt und ihrer Bewohner im Umbruch zu beschreibt. So war es für mich auch folgerichtig, daß das Ende des Romans offen ist: Brand trifft eine Entscheidung, nachdem er den verheerenden Anschlag auf das Hotel miterlebt hat und ich als Leserin kann ihm nur wünschen, daß er einen Weg für sein weiteres Leben finden wird.

Fazit: Ich habe diesen Roman sehr gerne gelesen. Er ist spannend und lebt vor allem von der hervorragend eingefangenen Atmosphäre einer Stadt mit großer Vergangenheit, die wie ihre Bewohner unterschiedlicher Kulturen, einer ungewissen Zukunft entgegen geht.

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