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Sara Baumes Protagonist – ein über fünfzigjähriger Mann, mit langem Zopf und großen Gliedmaßen, schlichtem Geist und großer Trauer in sich – holt sich einen Hund aus dem Tierheim. Einauge nennt er das Tier, das nur ein Auge hat, kniehoch gewachsen ist und bei aller Lebensfreude auch einen verhängnisvollen Drang hat, sich in allem möglichen zu verbeißen: in Artgenossen, in Seetang, in alles, was wie eine Bedrohung oder ein Spielzeug aussieht. So kommt es auch, dass Einauge von der Polizei geholt werden soll, nachdem er einen anderen Hund verletzt hat. Der Protagonist, „Troll“ nennt er sich selbst und hat für uns Lesende keinen anderen Namen, nimmt Einauge und ein paar Dinge für das tägliche Überleben, packt alles in sein Auto und fährt los. Fort von dem Ort, in dem er aufgewachsen ist, den er bisher nie verlassen hat, in dem er immer noch im Haus seines Vaters wohnt, der eines Morgens an einem Stückchen Bratwurst erstickt ist. Immer weiter fahren sie, ziellos, und der Troll erzählt Einauge, was er sieht – die Landschaft, Tierkadaver, Menschen, das Wetter – und was er von dem Gesehenen denkt, was er von den Menschen denkt und manchmal, manchmal auch von den Dingen, die ihm früher widerfahren sind, als er noch zuhause war und der Troll für alle im Dorf, ungelenk und unübersehbar und ein leichtes Ziel für Spott und Misstrauen. Sie schlafen im Wagen, in Wald- und Feldwegen versteckt, der Troll wäscht seine Kleider auf Raststättentoiletten, Einauge schnüffelt und läuft davon und jagt und kehrt zurück. Aber der Winter naht und die Nächte werden zu kalt werden, um im Auto zu schlafen, und vielleicht wird es Zeit für den Troll, zurückzukehren zu seinem Haus und zu seinen Erinnerungen, die er noch nicht erzählt hat…

In ihrem Debütroman schildert die junge irische Autorin mit schlichter Sprache, aber umso größerer Kraft die Reise eines Mannes, der nirgends einen Platz findet, an dem er sein kann – abgesehen vom Inneren seines Wagens, das auch dank Einauges zum Zuhause wird. Bewegend und schmerzhaft manchmal, aber von intensiver Klarheit und Geradlinigkeit getragen, enthüllt sie nicht nur die Geheimnisse ihrer Hauptfigur, sondern auch die Schönheit Irlands und die Abgründe der Menschen. Eine unbedingte Leseempfehlung!