Immer wieder bin ich erstaunt, wieviele Romane es gibt über die Zeit des Nationalsozialismus und daß es doch immer neue Facetten gibt, die literarisch aufgearbeitet werden. Ich bilde mir ein, schon eine ganze Menge zu diesem Thema gelesen zu haben, aber der Roman von Monika Held hat mich mit einem ganz neuen Aspekt konfrontiert: Wie leben Menschen weiter, die Auschwitz überlebt haben, kann zwischen einem KZ-Überlebenden und einer deutlich jüngeren Frau eine Liebesbeziehung Bestand haben?
Heiner ist Österreicher und schon seit seiner Jugend Sozialist. Er arbeitet im Widerstand, wird 1942 verhaftet und kommt ins Konzetrationslager in „Schutzhaft“, in seinem Haftbefehhl stehen die Buchstaben R.U. – Rückkehr unerwünscht. Von den 1860 Menschen seines Transportes überleben er und 3 andere.
Frankfurt 1962: Heiner sagt als Zeuge aus in einem Auschwitzprozess und lernt Lena kennen, die als Dolmetscherin in dem Prozess dabei ist. Beide fühlen sich voneinander angezogen, verlieben sich ineinander und zweifeln doch, ob eine Ehe möglich sein wird. Sie gehen das Wagnis ein und leben 25 Jahre miteinander.
Im Gegensatz zu vielen Überlebenden, die nicht über ihre Erlebnisse reden können oder wollen, ist Heiner ein Überlebender, der ständig über Auschwitz redet. Viele alltägliche Worte rufen Assoziationen ihn ihm hervor, wenn z.B. ein Schornstein nur wenig hellen Rauch ausstößt, dann ist weniger zu tun, als wenn der Rauch schwarz ist, eine Rampe ruft andere Erinnerungen in ihm hervor, als in Lena und als Heiner das Album mit den Bildern des Festes anlässlich ihres 10. Hochzeitstages neben die Alben mit Bildern aus Auschwitz stellt, sorgt das für einen schweren Konflikt zwischen den Eheleuten.
Trotzdem bleiben sie beieinander, Lena lernt, daß sie immer ein Stück weit außen stehen wird, daß sie nie die intensiven, innigen Gefühle mit ihrem Mann teilen können wird, die er mit anderen Überlebenden teilen kann. Aber sie lernt, damit zu leben – die Liebe zwischen Beiden ist groß genug, sie immer wieder zueinander finden zu lassen.
Mich hat dieses Buch sehr beeindruckt und bewegt. Die Schicksale, die in ihm beschrieben werden, gehen unter die Haut und ich musste zwischendurch auch eine Lesepause einlegen. Trotzdem lege ich es jedem ans Herz, der bereit ist, sich auf diese Thematik einzulassen. Sie werden mit einem intensiven Leseerlebnis belohnt!