Mit 14 bekam ich den Kleinen Prinzen zum ersten Mal geschenkt, damals als LP, gesprochen von Will Quadflieg. Beigegeben war ein „Booklet“, das auf einer Seite das berühmte Bild des Elefanten in einer Schlange zeigt. Auf der vorgeschalteten Doppelseite gab es eine Einführung, die, neben einer Kurzbiographie über den Autor und sein Werk, auch etwas über den Text erzählte, der darin als ein „philosophisches und metaphysisches Märchen“ beschrieben wird, das „voller geheimer Gleichnisse“ steckt und in einer „kindhaft einfachen, bezaubernden Sprache“ geschrieben ist. Damals konnte ich wenig anfangen mit der Geschichte und ich war gespannt, wie es mir nun, 46 Jahre später, damit gehen würde.
Die Geschichte vom Kleinen Prinzen, der seinen Planeten verlässt, auf dem er mit einer Rose, die 4 Dornen, lebt, und der schlußendlich auf dem Planten Erde in der Sahara landet, dürfte den meisten bekannt sein. In langen nächtlichen Gesprächen, berichtet er dem Erzähler, einem Piloten der wegen eines Motorschadens notlanden musste, die Geschichte seiner Reise, die ihn zuvor auf mehrere andere Planeten geführt hatte.
Der Pilot, der den Kleinen Prinzen in der Wüste trifft und dessen Namen wir nicht erfahren, ist das Alter Ego von Antoine de Sainte – Exupéry, der am Ende seines Lebens das Schicksal seines weltberühmten Kleinen Prinzen teilt: Während eines Aufklärungsfluges stürzt sein Flugzeug ab und wird nie gefunden, auch er verlässt also seinen Planeten und bleibt spurlos verschwunden. In den Nachtstunden lässt er sich vom Asteroiden B 612 erzählen, auf dem neben der Rose mit den 4 Dornen, auch noch 3 Vulkane stehen, von denen einer erloschen ist. Aber erfährt auch von dem Reisenden auch, was er auf den Planeten erlebte, die er vor der Erde besuchte: Vom Laternenanzünder, vom Geographen, vom Saufbold oder vom König. Der Kleine Prinz ist sehr neugierig und er stellt viele Fragen und beharrt hartnäckig auf einer Antwort. Und wir Leser*innen oder Zuhörer*innen bekommen viele Antworten und Denkanstöße, das sicher bekannteste Zitat „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“ kennt sicher jede*r.
Ulrich Mühe liest dieses Hörbuch einfach ganz wunderbar. Er gibt den einzelnen Episoden durch seine sprachliche Ausgestaltung die notwendige Tiefe und der Kleine Prinz steht mit all seiner Neugier, Sensibilität und Naivität vor uns. Aber auch Fuchs, Rose und Schlange (die besonders), um nur einige zu nennen, bekommen ihren eigenen Sprachduktus.
Nach Abschluss der einzelnen Kapitel gibt die Musik von Jürgen Treyz den Zuhörenden Gelegenheit, den Gedanken und Gesprächen noch ein wenig nachzuhängen. Auch wenn Will Quadflieg sicher ein toller Sprecher war – die Version meiner Jugend lässt sich gar nicht vergleichen mit dieser wunderschönen Hörfassung.
Natürlich habe ich die Geschichte mit nunmehr 60 Jahren ganz anders gehört (und manches auch noch einmal im Buch nachgelesen) als damals mit 14. Manche der im Text zur LP angesprochenen geheimen Gleichnisse blieben mir zwar noch immer verborgen, aber das soll vielleicht auch so sein. Auf jeden Fall haben mir die Sprache, die Hintergründigkeit und der feine Humor sehr gut gefallen.
Der Verlag sagt „Für jedes Alter ab 6 Jahren“. Das halte ich persönlich für völlig verfehlt. Auch wenn die oben bereits erwähnte „kindhaft einfache Sprache“ dazu verführen mag und Saint- Exupéry selbst im Buch, besonders in seiner Widmung, Kinder explizit anspricht, halte ich es für verfrüht, Buch oder Hörbuch Kindern zu schenken – ich glaube nicht, daß sie die Geschichte in ihrer Tiefe erfassen können. Aber vielleicht liege ich damit auch völlig falsch, wer weiß….
Ich habe dieses Hörbuch in einer besonders schönen Edition, nämlich in einer runden Metalldose – was ich allerdings vermisst habe ist ein wirkliches Booklet – das beigegebene Faltblatt ist ziemlich minimalistisch. Was für ein Glück, daß ich meine LP noch einmal herauskramen konnte!
Fazit: Ein wunderbares, vielschichtiges und anregendes Hörvergnügen!
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Auszüge dieser Hörfassung können Sie hier anhören