Inhalt: 1Q84: So nennt Aomame, eine junge Fitnesstrainerin, die Welt, in der zwei Monde am Himmel stehen und in der sie scheinbar plötzlich gelandet ist. Trotzdem geht sie weiterhin ihrem Leben und vor allem ihrem Nebenjob nach: Auftragskillerin für eine ältere Dame zu sein, die brutale und vergewaltigende Männer beseitigt wissen will. Im Zuge eines dieser Aufträge kommt sie schließlich dem Geheimnis von 1Q84 auf die Spur.
Zeitgleich verstrickt sich der junge Mathematiklehrer und Schriftsteller in spe Tengo Kawana in eine seltsame Geschichte, als er das Buch eines jungen Mädchens redigieren soll. Der Inhalt dieses Buches soll dabei helfen, die Eltern der Autorin, von denen seit sieben Jahren jede Spur fehlt, zu finden. Doch hinter all dem scheint mehr zu stecken als es auf den ersten Blick scheint.
Nach und nach verweben sich die Geschichten von Tengo und Aomame. Und schließlich müssen sie feststellen, dass die Mächte, gegen die sie antreten, größer sind als erwartet.
Rezension: Murakami schafft in diesem Werk eine surreale Welt, die Vermischung zwischen Realität und Fiktion, ohne ins Phantastische abzudriften. Vom ersten Moment befindet man sich durch die genauen Beschreibungen direkt in der Welt des Buches, hat die einzelnen Handlungen genau vor Augen und fiebert schließlich mit.
Leider dauert es seine Zeit, bis man wirklich mitfiebern darf. Eine der großen Stärken dieses Buches ist auch gleichzeitig seine größte Schwäche.
Durch die detaillierten Beschreibungen von Umgebungen, Personen, Gefühlen und Vergangenheiten fühlt man sich, als sei man mitten im Geschehen und als ob man die Charaktere in- und auswendig kennen würde. Jede Handlung ist nachvollziehbar, sowohl von den Haupt- wie auch von den Nebencharakteren. Jeder Ort erreicht genau die Stimmung, die für das Geschehen notwendig ist.
Jedoch entstehen dadurch auch Längen, die den Inhalt langatmig machen und ein Gefühl vermitteln, als ob nichts passieren würde. Teilweise werden Passagen wiedergegeben, die auch gekürzt ihren Zweck erfüllt hätten, und einige Begebenheiten werden mehrfach erzählt, die eigentlich auch beim ersten Mal bereits beim Leser angekommen sein dürften. Ein rigider Lektor, der das Manuskript um 200 oder 300 Seiten gekürzt hätte, hätte der Dynamik und Spannung auf jedenfall gut getan.
Leider dauert es auch ziemlich lange, bis es tatsächlich los geht. Aomame und Tengo verbringen viele Seiten damit, nichts zu tun und ihre Situation zu rekapitulieren. An vielen Stellen ist es durchaus angebracht, da dadurch die Ängste und Verhaltensweisen der Charaktere näher beleuchtet werden, aber an manchen Stellen wäre auch hier eine drastische Kürzung durchaus angebracht gewesen.
Dies ist zwar ein großer, dafür aber auch mein einziger Kritikpunkt an dem Buch. Die Geschichte entwickelt sich so schlüssig, dass sie zu keinem Zeitpunkt das Gefühl vermittelt, der Autor beantwortet Fragen nur um der Spannung willen nicht. Die Antworten und neue Fragen kommen genau zum richtigen Zeitpunkt. Die Charaktere sind (fast) allesamt sympathisch. Ihre Handlungsweisen bleiben nachvollziehbar, auch wenn sie zum Teil fraglich und unmoralisch sind. Auch die Geschichte drumherum, wie die Welt 1Q84 oder das Verschwinden der Eltern der jungen Autorin, ist, auf surreale Art und Weise, glaubwürdig und logisch.
Alles in allem hat mir das Buch sehr gefallen. Wenn man kein Problem mit einigen Längen hat, ist es auf jedenfall empfehlenswert.
Anzumerken sei noch, dass das Buch nicht abgeschlossen ist. In Japan wurde „1Q84“ in drei Büchern aufgeteilt herausgebracht. Dumont hat die ersten beiden Bücher in „1Q84“ veröffentlicht, und bringt das dritte Buch als „1Q84. Buch 3“ im Herbst heraus. Dementsprechend blieben beim Ende von „1Q84“ diverse Fragen offen, jedoch war das Ende so gestaltet, dass man durchaus zufrieden sein kann.