Lesenswert? Lisa Gardner’s „Ohne jede Spur“
Einige Kundinnen und Kundern unserer Buchhandlung sind „VorkosterInnen“ – das heißt, sie lesen Leseexemplare, die wir von den Verlagen vorab zur Verfügung gestellt bekommen. Nicht immer sind sie begeistert von dem, was die Verlage uns so schicken. Hier lesen Sie einen „Verriss“:
So, mein erster „Lisa Gardner“. Bestsellerautorin, lese ich von rororo. Muss ja was dran sein, denke ich, und fange an…
Ein paar Dutzend Seiten später wird mir klar, dass ich mit „Ohne jede Spur“ keinen guten Start mit der Bestsellerautorin Gardner habe. Konstruiert, das Wort geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Die Konstruktion der Handlung, die sterilen Protagonisten, die Wortwahl, alles lässt mich seltsam unberührt. Ich bin unsicher, ob mein Intellekt ausreicht.
Eine Frau verschwindet spurlos, eine Erklärung fällt schwer. Ihr Ehemann bleibt mit Kind zurück, verhält sich seltsam unkooperativ. Die Polizei ermittelt, vor allem die überaus attraktive D.D. Warren. Die Medien kommen ins Spiel, eine verkrachte Existenz nach der anderen taucht auf und auf den letzten Seiten dann auch noch ein Ende des Falls. Ich bin stolz, dass ich es soweit geschafft habe.
Obwohl alles so seltsam blöde konstruiert wirkt. Was hat das Verhalten des Ehemanns mit der von der Autorin angebotenen Erklärung zu tun? Warum eine ach so attraktive Ermittlerin schaffen, ohne diese Facette dann auszubauen? Warum im Klappentext die Medienmeute erwähnen, die doch nur Staffage bleiben? Ich bin ratlos, was genau Gardner zur Bestsellerautorin macht.
Also, mein erster „Lisa Gardner“, konstruiert und langweilig, bleibt erstmal auch mein letzter. Sorry, keine Empfehlung von mir.
Thomas Wolter
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Wer sich selbst einen Eindruck verschaffen will, kann das Buch in der Schiller Buchhandlung bestellen
Liebe Schiller Buchhandlung,
am 6. Januar 2011 habe ich folgende Mail an den Rowohlt Verlag geschrieben:
Heutzutage stricken Autoren die Maschen ihrer Spannungskurzware raffiniert. Möglichst lange soll der Leser durch Irrungen und Finten an der Nase herum geführt werden. Ich nehme mir deshalb immer mal wieder vor, wilde Spekulationen, die mir beim Lesen durch den Kopf gehen, zu äußern. In den meisten Fällen liege ich fürchterlich falsch. Beim Lesen von Gardners „Ohne jede Spur“ habe ich mir nach ca.400 Seiten gedacht, dass der „arme“ Ehemann wirklich das größte Opfer ist, sich im Internet selbst auf die Suche nach den Bösen macht und Selbstjustiz im Spiel sein muss. Juhu! Da habe ich doch den Nagel auf den Kopf getroffen. Gardner erzählt ihre Geschichte sehr, sehr, sehr spannend. Obwohl das Cover eher in die Kategorie schämenswert passt ist dies ein Buch, in das ich ständig die Nase gesteckt habe, in der S Bahn, beim Warten und auf dem Gehweg nach Hause. Die Autorin weiß es einfach gekonnt, ihre Leser durch ein Wechselbad der Gefühle zu schicken. Die Guten sind nicht nur gut und die Bösen haben durchaus Entwicklungspotential. Und am Ende kommt es doch ganz anders als gedacht…
Bemerkenswert finde ich, dass die Autorin einige ernstzunehmend heikle Themen beschreibt. So hoffe ich, dass nach der Auflösung die Luft beim Leser nicht ganz raus ist, weil ihn die Geschichte ein klein wenig verändert hat.
Seitdem ist über ein halbes Jahr vergangen und das eingetroffen, was ich damals bereits im Stillen vermutet habe: Außer sprachlicher Spitzfindigkeiten (S. 353, 361,387) die mir aufgefallen sind, ist nicht viel hängengeblieben. Mein Fazit: Spannend bis zur Auflösung, kein Buch, für ein zweites Mal. Ich lerne daraus: Wegen der frischeren Begeisterung Leseexemplare eher zeitnah zum Erscheinen lesen!
Sonnige (jawohl!) Grüße aus Heidelberg, Ute Jakob