Alice kommt in Australien zur Welt, kurz nach der Ankunft ihrer Eltern, einem chinesisch – kambodschanischen Ehepaar. Die Eltern lebten vorher in einem Flüchtlingslager und als sie endlich die Möglichkeit haben, auszureisen, haben sie die Wahl zwischen Kanada und Australien. Alices Vater entscheidet sich für Australien, denn dort gibt es keinen Schnee.
Alice wächst auf in einem Land, das sich völlig unterscheidet von den Ländern, aus denen ihre Eltern und ihre Großmütter stammen und in dem sich ein chinesisch-kambodschanischer Mikrokosmos gebildet hat: Schrillbunte Flipflops gelten als besonders schick, man glaubt an die Götter aus der Heimat. Das kleine Mädchen steht beständig zwischen ihrer geliebten Großmutter, die ihr viele Geschichten aus der Heimat und aus der Familie erzählt und ihrer Mutter, der Schwiegertochter, die unter ihrer Schwiegermutter leidet. Beide versuchen immer wieder, das Kind jeweils auf ihre Seite zu ziehen. Auf der anderen Seite steht das freie Leben in Australien, die andere Sprache, die andere Kultur, mit denen sich Alice und ihre Geschwister auseinandersetzen müssen und die sie irgendwann auch von der ihrer Eltern entfremdet.
Mir hat dieses Buch sehr gut gefallen, weil es auf eine ganz leichte, oft humorvolle Art davon erzählt, wie das Leben von Immigranten aus eine völlig anderen Kultur aussehen kann. Wie schwer es für die Kinder ist, zwischen den Kulturen zu leben und zu erleben, daß sie plötzlich die Sprache ihrer zweiten Heimat besser sprechen und verstehen als die Sprache ihrer Eltern. Dabei ist „Ungeschliffener Diamant“ überhaupt nicht deprimierend, sondern es ist oft auch witzig und sehr einfühlsam. Als Leserin oder Leser hilft uns die Autorin zu einem ganz neuen Verständnis für Menschen aus anderen Kulturen, die versuchen, in der westlichen Welt Fuss zu fassen.
Die junge Autorin Olga Grjasnowa, die im Frühjahr mit ihrem Roman „Der Russe ist einer, der Birken liebt“ viel besprochen wurde schreibt in ihrem Nachwort: „ Pung hat eine universelle Geschichte unserer Zeit, über den universal refugee, über alle Stadien der Immigration geschrieben: Die Flucht, die Verwunderung kurz nach der Ankunft im neuen Land, die Enttäuschungen und Verletzungen und schließlich das Auseinanderdividieren der Kulturen und den Spagat zwischen Adaption und Assimilation.“
Eine echte Leseempfehlung!