Fake-News – diesen Begriff kennen wir seit Donald Trumps Präsidentschaft und es wird immer deutlicher, wie gefährlich sie unseren Demokratien werden können. Deshalb interessierte mich dieser Thriller und ich bedanke mich beim Kiepenheuer & Witsch Verlag für das Rezensionsexemplar!
Der Verlag beschreibt den Inhalt wie folgt: „Merle Schwalb ist Investigativjournalistin beim Globus, einem der wichtigsten Nachrichtenmagazine der Republik, wo sie für Extremisten aller Art zuständig ist. Doch bei ihrer neuen Recherche ist von Beginn an alles anders. Ein Mann ohne Namen stürzt in Berlin von einem Balkon. Wer ist der geheimnisvolle Tote?
Die Spuren führen ins Milieu krimineller Berliner Clans, zur Polizei und zum Verfassungsschutz. Aber nach einer verhängnisvollen Begegnung wird Merle Schwalb klar: Der Mann war ein russischer Agent mit brisanten Informationen und einer gefährlichen Mission. Und diese Recherche ist eine Nummer zu groß für sie allein. Wie weit reicht die Intrige? Wer sind die Verschwörer? Und wem kann man noch trauen? Um das herauszufinden, schließen Merle Schwalb und ihre Kollegen vom Globus einen Pakt mit der Konkurrenz von der Norddeutschen Zeitung. In der Brandenburger Provinz errichten die Journalisten eine geheime Zentrale, sie recherchieren in Riga, Kaliningrad und Prag. Aber ihre Recherche bleibt nicht unbemerkt. Und plötzlich geht es um alles: um Vertrauen und Verrat, um Spione und Fake News, um Leben und Tod. Und um sie selbst. Denn wer sagt, dass die Wahrheit stärker ist als die Lüge?“ (© Kiepenheuer & Witsch)
Yassin Musharbash ist Investigativjournalist bei der Wochenzeitung Die Zeit und das merkt man diesem Buch an. Wir lesen hier nämlich nicht nur einen spannenden Thriller, sondern lernen auch viel über die Welt der Journalisten und investigative Recherche. Merle Schwab und ihre Kolleg:innen haben eine Namensliste, auf der verschlüsselt die Namen von Kontaktpersonen stehen, die angeblich vom russischen Geheimdienst bezahlt. Ganz offensichtlich sind auch zwei angesehene Kolleg:innen aus ihren Redaktionen darunter. Sie verfolgen unterschiedliche Spuren, finden Unterstützung bei einem russischen Bloggernetzwerk und durchdringen langsam das dichte Gestrüpp aus echten und falschen Informationen. Es gibt viele Player in diesem Spiel, Geheimdienste, aber auch Einzelpersonen, die ihre ganz eigenen Ziele verfolgen, um ihre Machtinteressen durchzusetzen. Diese Passagen haben mich wirklich beeindruckt, denn darin wurde deutlich, wie schwierig es auch für die Medien geworden ist, Quellen zu vertrauen, wahre Informationen von gezielt lancierter Desinformation zu unterscheiden.
Das Verwirrspiel erinnerte mich etwas an die Romane von John le Carré, was kein Wunder ist, denn Yassin Musharbash arbeitete eine Zeit lang für ihn als Rechercheur. Ich gebe zu, daß ich bei manchen Details nicht mehr ganz folgen konnte, aber da gibt es ja dann zum Glück am Ende des Buches den Artikel, den Merle Schwab für ihr Blatt schreibt und in dem alles noch einmal kompakt, übersichtlich und verständlich zusammen gefasst ist. Das war für mich auch eine Erkenntnis: Wie viel Recherchearbeit hinter einem solchen Artikel stecken kann! Das herauszuarbeiten ist dem Autor wirklich sehr gut gelungen.
Weniger überzeugend hingegen ist die Zeichnung seiner Figuren. Merle Schwab blieb mir ebenso fern wie ihre Kolleg:innen. Wie kaltblütig sie reagierte, als direkt neben ihr ein Mann zu Tode kommt, das fand ich doch etwas unglaubwürdig. Aber letztendlich war es wahrscheinlich auch gar nicht die Intention des Autors, uns ein psychologisch ausgefeiltes Handlungspersonal nahe zu bringen. Und das kann ich auch gut hinnehmen – dieser Thriller hat genügend andere Qualitäten.
Fazit: Spannende Lektüre, die mich auch nachdenklich gemacht hat und mich noch genauer darauf schauen lassen wird, wie ich mich informiere. Und auf jeden Fall werde ich Hintergrundartikel zukünftig mit ganz anderen Augen lesen, nachdem mir nun klar wurde, wie viel Recherche hinter ihnen stecken kann! Leseempfehlung!
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