Wolfgang Kaes arbeitete lange Jahre als Journalist und hat sich erst 2020 entschieden, sich ganz dem Schreiben von Büchern zu widmen. Für „Das Gesetz der Gier“ wurde er 2013 mit dem Stuttgarter Krimipreis für den besten Wirtschaftskrimi ausgezeichnet und sein 2019 erschienener Thriller Endstation hat mir sehr gut gefallen. Ich freute mich deshalb, daß der Rowohlt Verlag mir ein kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat und bedanke mich dafür.

Der Inhalt

Ich greife auf die Inhaltsangabe des Verlages zurück: „Frigiliana, ein idyllisches Dorf in Andalusien. Hier lebt Alejandro. Der junge Kunsthistoriker säubert im Auftrag der Firma CleanContent das Internet vom digitalen Giftmüll, von Pornographie, Hass und Gewalt. Als sich seine Kollegin Maria von einer Brücke stürzt, wird Alejandro klar, dass sein Job nicht nur brutal, sondern lebensgefährlich ist. Dann tauchen auf seinem Bildschirm Fotos auf, die verschüttete Erinnerungen wecken und seine Mutter in Panik versetzen. Jemand will ihm Angst machen. Doch Alejandro lässt sich nicht einschüchtern. Bald steht er vor einem Grab auf einem Friedhof aus der Zeit der Franco-Diktatur, als die katholische Kirche noch allmächtig war, und damit beginnt die Suche nach der Wahrheit. Sie wird mit jedem Tag gefährlicher, denn Alejandros unsichtbarer Gegner ist mächtig: Er hat die Macht, in die Seelen der Menschen zu dringen …“ (© Rowohlt Verlag)

Meine Meinung

Auch dieser Roman ist wieder sehr spannend zu lesen und man merkt, daß Wolfgang Kaes ein erfahrerner Rechercheur ist. Er verknüpft dabei zwei Themen: Den zunehmende Einfluss der sozialen Medien auf die Gesellschaft und ihre politischen Entwicklungen mit einem düsteren Kapitel spanischer Geschichte.

Alejandro verkörpert die junge Generation, die es nach der Finanzkriste 2008 noch immer schwer hat, angemessene Jobs zu finden. Er ist froh, den Job als Cleaner zu haben, auch wenn er dazu in sein Heimatdorf und in das Haus seiner Mutter zurückkehren muss. CleanContent ist ein wichtiger Arbeitgeber jenseits des Tourismus in der Region und junge Menschen wir Alejandro sind gefragt, denn er ist in der Lage, die Inhalte, über die er entscheiden soll, einzuordnen. Aber der Druck, den die Mitarbeitenden ausgesetzt sind, ist enorm: Innerhalb weniger Sekunden müssen sie entscheiden, ob ein Video oder ein Bild gelöscht werden oder bleiben, dabei müssen sie sich die Inhalte ganz ansehen, egal wie grausam sie sind und je mehr sie ignorieren, desto mehr nehmen die Auftraggeber von CleanContent ein: Hass und Hetze sind gut für`s Geschäft, egal, wie sie sich auf die Gesellschaft und die demokratischen Systeme auswirken. Dabei stehen die Cleaner unter ständiger Beobachtung, wer zu lange für die Entscheidungen braucht, fliegt raus, Kontakte unter den Mitarbeitenden sind nicht erwünscht.

Als Alejandro ein Bild auf den Schirm gespielt wird, das er aus der Schachtel mit Familienfotos seiner Mutter kennt, ist er schockiert. Seine Mutter reagiert abweisend auf seine Fragen, aber er möchte wissen, was es mit dem Jungen auf dem Bild, der ihm so ähnlich sieht, auf sich hat. Und hier kommt das zweite Thema ins Spiel, das Wolfgang Kaes aufgreift: Die Rolle der allmächtigen katholischen Kirche während der Franco – Diktatur und einem Skandal, der bis in die Gegenwart vertuscht wurde. Es scheint, als ob irgend jemand Alejandro und seine Schwester Felipa benutzt.

Das alles liest sich sehr spannend und ist gespickt mit vielerlei Informationen. Aber das ist für mich eine Schwäche des Buches, denn mit der Verknüpfung der beiden Themen hat Wolfgang Kaes für meinen Geschmack zu viel gewollt und sich irgendwie nicht so recht entscheiden können, welches nun das sein soll, welches im Mittelpunkt stehen soll. Mir hätte es besser gefallen, wenn er sich ganz auf die Abgründe der social – media konzentriert hätte. So erfahren wir zwar einiges darüber, wie die Welt durch sie manipuliert wird und eine Menge skrupelloser Firmen damit jede Menge Geld verdient und wie leicht sich rechte Netzwerke dort Gehör verschaffen können – und nicht nur die. Die Informationspassagen wirkten jedoch auf mich eher wie Artikel eines Journalisten, der Wolfgang Kaes ja auch ist. Die Passagen, in denen er über die Schicksale der Cleaner und über die Verflechtung der katholischen Kirche mit dem Franco – Regime und der rechten Szene erzählt, haben mich deutlich mehr gepackt. Insgesamt jedoch blieb mir das Handlungspersonal eher fern und  wie das hinterhältige Spiel dann letztendlich aufgeklärt wird, hat mich auch nicht wirklich überzeugen können.

Fazit: Ein sehr spannender Thriller mit wirklich interessanten Themen, der mich dennoch mit gemischten Gefühlen zurück gelassen hat. 

Eine Leseprobe finden Sie hier

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