Auf der Longlist der Independentverlage 2010 entdeckte ich dieses Buch, das ich mir als frühere leidenschaftliche Karl May Leserin natürlich sofort bestellen musste! Ich war gespannt, ob es gelingen kann, im 21. Jahrhundert einen Karl May Roman zu schreiben, der die Atmosphäre und die Figuren der Originalromane treffen kann. Und ich muss sagen, ich fand das Experiment geglückt!
Kara Ben Nemsi trifft in Algier ein, um von dort in die Wüste zu reisen. Direkt nach der Landung am Hafen erlebt er mit, wie eine junge Französin überfallen wird und ihrer Geldbörse beraubt wird. Natürlich verfolgt er die Räuber sofort, aber es gelingt ihm nur, einem der Männer einen wertvollen Dolch zu entreissen, auf dem ein schwarzer Skorpion eingraviert ist, dessen Gift einen Menschen töten kann. Der schwarze Skorpion ist nicht nur ein gefährliches Insekt in Nordafrika, sondern, wie er erfährt, auch ein geheimnisvoller Bandit, der die Aufstände der Berber gegen die französische Besatzungsmacht unterstützt und in Algier Angst und Schrecken verbreitet. Und natürlich wäre Kara Ben Nemsi nicht Kara Ben Nemsi, wenn er sich nicht aufmachen würde, das Rätsel zu lösen, den schwarzen Skorpion zu stellen und am Ende mit einem neuen Diener, Hadschi Halef Omar, weiterreisen würde!
Dieser Roman hat tatsächlich alles, was die Karl May Romane auch hatten: Einen überschlauen Helden, der manchmal doch etwas naiv vorgeht – der sich aber letztendlich aus allen Gefahren befreien kann. Das teilweise mit Hilfe seines Dieners Halef, der aber natürlich auch dafür sorgt, dass er durch seine Selbstüberschätzung seine Gefährten in gefährliche Situationen bringt.
Auch wenn man an der Sprache deutlich merkt, dass wir es mit einem Roman aus unserer Zeit zu tun haben (Karl May drückte sicherlich niemals jemandem die Daumen!), hat der Autor die Atmosphäre der alten Karl May Romane gut getroffen und mir so einige Stunden nostalgischen Lesevergnügens verschafft!