Diesen Krimi habe ich in meinem SUB gerade noch rechtzeitig vor dem diesjährigen Jahresurlaub in Tirol ausgegraben, in dem er schon seit 4 Jahren geschlummert hatte. Zwar spielt er nicht direkt in unserer Urlaubsregion am Wilden Kaiser, sondern am Achensee, aber was soll’s – er passte trotzdem gut in den Urlaubsbuchstapel!

Der Inhalt

Im Achensee ertrinkt der Tiroler Landeshauptmann bei einem feuchtfröhlichen Bootsumglück und auch ein Kochlehrling kann ihn nicht retten, sondern kommt ebenfalls um’s Leben. Das muss ein Anschlag sein! Dieser Meinung ist jedenfalls der neue Chef der Innsbrucker Kriminalpolizei Gschwandtner. Andere Meinungen will er nicht hören und seien sie noch so gut begründet. Als allerdings bei der Bergung des Lehrlings noch ein Skelett gefunden wird, das als das des 10jährigen Tim identifiziert wird, der vor mehr als 17 Jahren spurlos verschwand, gibt es plötzlich einen zweiten Fall. Zwar schien dieser Fall geklärt, der Mörder, ein Journalist, beging in der Untersuchungshaft Selbstmord, aber Revierinspektorin Selma Tappeiner stößt auf Ungereimteiten und beginnt, gegen den Willen ihres Vorgesetzten zu ermitteln.

Die Hauptpersonen

Selma Tappeiner ist ehrgeizig, lesbisch und Halbtürkin – eine toughe junge Frau, die ihrem karrieregeilen Vorgesetzten auf den Kopf zusagt, daß er mit ihr ein Problem hat, und sie deshalb bei den meisten Ermittlungen außen vor lässt. Für Oberst Peter R. Gschwandtner ist der Fall Tim geklärt, aber Selma spricht trotzdem mit ihrem früheren Chef, Willi Heisenberg, der nach einer schweren Krebsoperation in den Ruhestand versetzt worden war und inzwischen mt seiner Freundin Valentina sein Pensionistendsein genießt. Zu Beginn ist er nicht begeistert, als Selma ihn um Hilfe bittet, denn schließlich hat er den Fall für gelöst erklärt. Aber als Selma ihn mit eindeutigen Ergebnissen aus der Pathologie konfrontiert, die darauf hinweisen, daß damals etwas schief gelaufen zu sein scheint, möchte er damalige Versäumnisse wettmachen. Und er stößt gemeinsam mit Selma auf ein raffiniertes Komplott, das beide in die rechte Szene Tirols führt.

Meine Meinung

Bei Lokalrimis gehe ich ohne allzugroße Erwartungen an die Lektüre, geht es darin doch oft mehr um die Kneipe um die Ecke, die Strasse XY oder andere lokale Orte, als um den Kriminalfall, das Ganze außerdem oft bei eher mäßiger Sprache.  Daher war ich von der Lektüre dieses Kriminalromans angenehm überrascht. Lena Avanzini ist eine routinierte Krimiautorin und der erste Teil der Heisenberg – Krimis wurde 2012 in der Sparte Debüt mit dem Friedrich-Glauser-Preis ausgezeichnet. (Mir war übrigens gar nicht klar, daß ich hier den dritten und letzten Band einer Reihe in der Hand halte – das war auch überhaupt kein Problem, ich konnte ihn ohne Probleme verschlingen.)

Jedenfalls steht in diesem Kriminalroman keineswegs der Achensee und seine Umgebung im Vordergrund, sondern ganz klar der Kriminalfall, der auch sehr originell eingeleitet wird: Zu Wort kommt nämlich das Skelett von Tim, dem es am Seegrund gehörig langweilig ist und das immer wieder seinen Lieblingshorrorfilm rekapituliert: Tims Entführung und Ermordung. Das Ganze natürlich nicht auf einmal, sondern Häppchenweise – nach der Bergung dann auch in der Pathologie, in der es zum Glück etwas abwechslungsreicher zugeht als am Seegrund.

Heisenberg und Selma sind ein gutes Team, auch wenn sie beide in ihrem Privatleben gerade einige Turbulenzen erleben: Valentina verguckt sich in den Tangolehrer, bei dem Willi und sie einen Kurs machen und Selma erlebt eine aufregende Liebe mit Renate. Das wird gut in die Handlung integriert und spielt, zumindest teilweise, eine wichtige Rolle bei der Aufklärung des Falls.

Und es gibt noch eine dritte Handlungsebene, in der uns Leser*innen langsam klar wird, daß hier Mörder und Täter aufeinandertreffen. Irgendwann sind auch Heisenberg und Selma soweit und es kommt zu einem spannenden Showdown und einem Ende, das ich so nicht erwartet hätte, das ich aber sehr schlüssig finde.

Fazit: Solide Krimikost mit Humor, die ich auch zu Hause gerne gelesen hätte. In Tirol war sie vielleicht noch einen Tick spannender!

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