Ich hatte noch nie ein Buch von Haruki Murakami gelesen und war dementsprechend gespannt, aber auch ein wenig skeptisch, als der Band mit 6 Erzählungen im Lesekreis auf der Rohrer Höhe auf dem Programm stand…… Japan ist mir einfach sehr fern, das hatte ich bereits bei der Lektüre von Marion Poschmanns Roman „Die Kieferninseln“ oder Kazuo Ishiguros „Damals in Nagasaki“ bemerkt, aber wie immer setzte ich auf die Diskussion im Lesekreis.

Der Inhalt

„Nach dem Beben“: Fünf Tage und Nächte verbringt die Frau eines Verkäufers für Hifi-Geräte vor dem Fernseher mit den Katastrophenbildern vom Erdbeben – dann verlässt sie ihren Mann, der sich mit einem mysteriösen Päckchen auf eine Reise begibt. Eine Wahrsagerin sieht tief in die hasserfüllte Seele einer Ärztin, die einem Mann aus Kobe, der ihre Hoffnungen zerstört hat, den Tod wünscht. Die vierjährige Sara begegnet in ihren Alpträumen dem Erdbebenmann, der sie in die Kiste sperren will. Und der Bankangestellte Katagiri hat in seiner Wohnung Besuch von einem Riesenfrosch, der Tokyo vor der Zerstörung durch einen Wurm retten will. (© btb Verlag)

Meine Meinung

Auch dieses Mal tat ich mich schwer – schwerer als mit den beiden oben genannten. Dabei hatte mich die literarische Verarbeitung der zwei Ereignisse von 1995, des Erdbebens von Kobe und des Giftgasnaschlags in Tokyo, die Japan tief traumatisiert haben, durchaus gereizt. Murakami schreibt in einer leicht lesbaren Sprache, aber die Geschichten und Figuren blieben mir merkwürdig fern und ihr Schicksal berührte mich nicht. Das mag daran liegen, daß vieles fast ein wenig märchenhaft oder (in der Geschichte „Frosch“) wie Fantasy wirkt. Manche Symbole, die in Gestalt von Tieren daherkommen, habe ich vielleicht auch nicht richtig interpretieren können. Wie in Märchen oder Fantasyromanen werden die wichtigen Lebensthemen behandelt, vor allem die Fragen nach dem Sinn des Lebens und dem Sterben. Das Erdbeben das das Land erschüttert, erschüttert auch die Menschen und in ihnen brechen Konflikte oder Lebensfragen auf, denen sie nicht mehr ausweichen können.

Ein den Erzählungen vorangestelltes Zitat aus einem Film von Jean-Luc Godard, in dem eine Frau darüber sinniert, daß im Radio während des Vietnamkrieges einfach von 115 Toten die Rede ist, ohne daß man etwas über sie erfährt, gibt einen Hinweis, was Krieg, Naturkatastrophen oder Terroranschläge im Leben einzelner Menschen auslösen können, auch wenn sie persönlich nicht davon betroffen sind: Keiner der Protagonist:innen Murakamis hat jemanden verloren, aber bei allen bewirkte das Beben eine Veränderung der persönlichen Einstellung und damit auch ihres Lebens. So wie übrigens beim Autor selbst, der nach den beiden schrecklichen Ereignissen aus Amerika in sein Heimatland zurückkehrte.

Fazit: Wer mit der japanischen Kultur vertraut ist, wird sicher viel aus diesen Erzählungen herauslesen können. Und auch wenn ich im Lesekreis wieder einige Anregungen bekam, blieb mir das Buch sehr fern.

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