Im Kalkutta der 50er Jahre wachsen die Brüder Subhash und Udayan auf – zwei Brüder, wie sie unterschiedlicher nicht sein können: Subbash, der Ältere, ist ruhig und zurückhaltend, Udayan hingegen unbändig und mutig. Trotz ihrer Wesensunterschiede sind sie einander eng verbunden, gehen gemeinsam in die selbe Schulklasse und studieren. Aber während Subbash sich ganz auf seine Studien konzentriert und in den 60er Jahren nach Amerika geht, schließt sich Udayan einer indischen, militatnten Maoistengruppe an, unterstützt sie bei Anschlägen und bezahlt dies schließlich mit seinem Leben.
Subbash lernt bei seiner Rückkehr nach Indien Udayans junge, schwangere Frau Gauri kennen, die sein Bruder gegen den Willen seiner Eltern und entgegen aller Traditionen geheiratet hat. Diese dulden sie nur widerwillig unter ihrem Dach. Sie ist völlig verstört, ihre Schwiegereltern wären sie lieber heute als morgen los, aber sie wurde von ihrer Familie verstossen. Um ihrem Leben eine Zukunft zu geben, bietet Subbash ihr an, sie zu heiraten und mit in die USA zu nehmen – eine Entscheidung, die sein und Gauris Leben für immer verändern und beeinträchtigen wird.
Dies ist ein Buch, das sich mir nicht auf Anhieb erschlossen hat. Es hat eine Weile gedauert, bis ich mich in die Erzählweise und in die Welt der Protagonisten eingefunden hatte. Dann aber haben mich die Schicksale der Menschen zunehmend in ihren Bann gezogen. Udayan ist nicht der einzige, der einen hohen Preis für sein politisches, letztlich fehlgeleitetes Engagement bezahlt: Seine Eltern verwinden seinen Tod nie und auch seine Frau Gauri wird ihn nie verarbeiten – sie kann sich auf keine Beziehung mehr wirklich einlassen, weder zu ihrem Mann, noch zu ihrer Tochter. Subbash versucht alles, um die Ehe mit seiner Schwägerin gut und befriedigend zu gestalten und der kleinen Tochter Bela ein behütetes Familienleben zu geben, aber er scheitert letztendlich. Bela wird zur Nomadin, „Sie trägt ihre ganze Habe in einem Rucksack herum und will die Welt verbessern“.
Jhumpa Lahiri erzählt diese Geschichte aus verschiedenen Perspektiven, das hat es mir zu Beginn ein wenig schwer gemacht, mich zurecht zu finden. Auch werden Ereignisse der indischen Geschichte als bekannt vorausgesetzt und nicht näher erklärt, so daß es etwas dauert, bis man die Handlung zeitlich und lokal einordnen kann. Doch je weiter die Geschichte voran schreitet desto schneller findet man sich bei der jeweiligen Person ein und nimmt Anteil an den unterschiedlichen Leben, die nur teilweise einen versöhnlichen Verlauf nehmen und deren Schicksal alle vom selben Verlust geprägt sind, dem Tod Udayans.
Spannende und lesenswerte Lektüre, die sich über zwei Kontinente erstreckt!