Ludwig Uhland: Die Kapelle
Droben stehet die Kapelle,
Schauet still ins Tal hinab,
Drunten singt bei Wies und Quelle
Froh und hell der Hirtenknab.
Traurig tönt das Glöcklein nieder,
Schauerlich der Leichenchor;
Stille sind die frohen Lieder,
Und der Knabe lauscht empor.
Droben bringt man sie zu Grabe,
Die sich freuten in dem Tal.
Hirtenknabe, Hirtenknabe!
Dir auch singt man dort einmal.
Ludwig Uhland (1787 – 1862)
Kürzlich waren wir nach langer Zeit wieder einmal in einem ruhigen Tal des Schönbuchs wandern. Dabei blickten wir auch auf die Wurmlinger Kapelle, ein mir aus Kindheitstagen sehr vertrautes Bild. Und mir fiel sofort dieses Gedicht ein, das ich als Kind unter Anleitung meines Vaters auswendig gelernt hatte. In seiner ganzen Dimension verstand ich es damals natürlich nicht, aber die Zeile „Schauerlich der Leichenchor“ hat sich mir bis heute ins Gedächtnis gebrannt.