Wiedergelesen: „Die Verlobten“ oder „Die Brautleute“ von Alessandro Manzoni
Manchmal, meist im Urlaub findet sich noch Zeit, wieder einmal einen Klassiker zur Hand zu nehmen. Wenn Sie nun vielleicht zufällig nach Italien fahren, dann kann ich Ihnen einen empfehlen: Den Roman von Alessandro Manzoni, „Die Brautleute “ – so lautet der Titel der neuesten Übersetzung – Sie kennen den Roman vielleicht besser unter dem Titel „Die Verlobten“.
Angesiedelt im Mailand und seiner Umgebung des 17. Jahrhunderts erzählt Manzoni die Geschichte von Renzo und Lucia, die sich einander versprochen haben. Am Tag vor der Trauung jedoch wird der Dorfpater Don Abbondio von 2 Bravi des Großgrundbesitzers bedroht, die Trauung nicht durchzuführen. Damit beginnen die Wirrungen des Brautpaares, das erst nach gut 900 Seiten endgültig zueinander findet. Sie alle hier zu erzählen würde zu weit führen!
Der Roman von Alessandro Manzoni hat in Italien eine ähnliche Bedeutung wie bei uns in Deutschland Goethe’s Faust und gehört in italienischen Schulen zur Pflichtlektüre. Er greift zu einem Kunstgriff und erfindet eine Chronik aus dem 17. Jahrhundert, in der er die Geschichte von Lucia und Renzo gelesen hat und die er nicht der Vergessenheit anheimfallen lassen will. Neben der Liebesgeschichte ist „Die Brautleute“ ein historischer Roman, in dem wir viel über die Geschichte des Mailänder Stadtstaates im 17. Jahrhundert erfahren, über die politische Unruhe, die korrupte Gesetzgebung und die Willkür großer und kleiner Standesherren. Dazu hat Manzoni zahlreiche Quellen studiert, die er teilweise auch zitert. Einer der Höhepunkte des Romans – zumindest habe ich das so empfunden – ist die Art, wie Manzoni den Ausbruch der Pest in Mailand beschreibt.
All die beschriebenen Wirren, Katastrophen, Krankheiten und andere Widrigkeiten können jedoch die Hochzeit von Lucia und Renzo nicht verhindern!
Manzoni hat seinen Roman mehrfach überarbeitet. Die erste Version erschien 1827. 1840 – 42 erschien die Version, die bereits 16 Mal ins Deutsche übersetzt wurde. In dieser Version hat sich Manzoni besonders darum bemüht, eine in ganz Italien lesbare Fassung zu schreiben und das in den vorherigen Fassungen eher lombardische italienisch anzupassen an das toskanische der Florentiner. Italien war zu Manzonis Zeit noch in viele Stadtstaaten, Fürstentümer und Teilreiche zerfallen und entsprechend viele Dialekte gab es. So hatte sein Roman eine enorme Bedeutung für die italienische Sprache – ähnlich wie sie Luthers Bibelübersetzung für die deutsche Sprache hatte. Wie berühmt Manzoni in Italien ist, zeigt auch die Tatsache, dass Verdi sein „Requiem“ der Widerkehr von Manzonis erstem Todestag widmete.
Im Jahr 2000 erschien die sechzehnte Übersetzung von Manzonis Meisterwerk, sie wird vor allem dafür gelobt, dass sie Manzonis Stil besonders nahe kommt und seine kunstvollen, teilweise sehr langen Sätze besonders gut widergibt. Gleichzeitig ist sie moderner als frühere Übersetzungen. Gerade die langen Sätze mögen manchem die Lektüre erschweren, deshalb erwähne ich hier auch noch die Übersetzung im Insel Verlag, die jedoch in der Sprache etwas altertümlicher wirkt. Letztere hat mir persönlich besser gefallen, ich kann jedoch beide empfehlen.
Und wenn Sie die 900 Seiten schrecken, dann empfehle ich Ihnen das Hörbuch. In 2 ½ Stunden können Sie auf 2 CD’s die Geschichte von den Brautleuten als Hörspiel anhören und zwar in einer Inszenierung des WDR. Dass ein solches Hörspiel der Komplexität des Buches nicht gerecht werden kann, das versteht sich von selbst!
Eine Auswahl der älteren Übersetzungen können Sie hier sehen – die Neuübersetzung gibt es in gebundener und in Taschenbuchform