Die Lesung mit der aktuellen Stipendiatin des Stuttgarter Schriftstellerhauses Verena Boos hatte mich zum Kauf dieses Romans verführt und eine lange Bahnfahrt ermöglichte zügiges Lesen.
Im Mittelpunkt des Romans steht die Freundschaft zwischen Amalia Faller und Marina, die seit Kindertagen eine enge Freundschaft verbindet, obwohl sie weit voneinander entfernt leben: Amalia ist im Schwarzwälter Glottertal zu Hause, Marina lebt in Valencia. Ein längerer Aufenthalt von Amalias Vater gemeinsam mit seiner Tochter in Valencia legte den Grundstein für die enge Verbindung zwischen den beiden Frauen. Aber plötzlich scheint diese Freundschaft etwas zu beeinträchtigen. Als der Kontakt zu Marina unvermittelt ganz abbricht und ihr deren Handy, das sie offenbar verloren hat, angeboten wird, macht sich Amalia auf den Weg nach Valencia, um nach Marina zu suchen.
Dieser Roman ist wirklich so spannend, wie es die Lesung versprach. Fast wie in einem Krimi folgen wir Leser:innen der Suche von Amalia, die Stück für Stück in die Familiengeschichte Marinas vordringt und dabei festellt, dass diese mehr mit ihrer eigenen Familie zu tun hat, als sie wusste. Valencia ist Amalias Sehnsuchtsort und es schmerzt sie, dass es mit der sicher geglaubten Stelle dort nicht klappte, auch der Frage warum, geht sie nach. Man merkt, dass Verena Boos Valencia von einem längeren Aufenthalt zu Beginn der 2000er Jahre sehr gut kennt. Und ein Stück von ihr steckt auch in Amalia: Während diese in ihrer Heimat unsicher ist und nach ihrer Rolle innerhalb der Herkunftsfamilie sucht, ist sie in der anderen Kultur und Sprache zupackender und mutiger. Dieses Ausleben anderer Facetten der eigenen Persönlichkeit in einer anderen Sprache und Kultur hat die Autorin selbst so erlebt.
Ganz langsam enthüllt sich, warum Marina verschwunden ist und damit tauchen wir auch tief ein in ein dunkles Kapitel deutsch- spanischer Vergangenheit. Das Schweigen und Verschweigen ist in diesem Roman ebenso ein Thema wie das Erinnern oder dessen Verweigern und so passte er für mich perfekt in diesen Lesemonat. Dabei erzählt atmosphärisch dicht und findet eine bildreiche Sprache, so dass dem Roman auch eine gewisse Leichtigkeit innewohnt.
Für mich also eine wunderbare Lektüre für die lange Bahnfahrt und noch dazu eine, die mir Lust auf weitere Bücher der Autorin gemacht hat. Leseempfehlung!
Wenn Sie Lust bekommen haben, das Buch zu lesen, können Sie es im Vaihinger Buchladen bestellen oder herunterladen. Der Link führt direkt zum Titel im Webshop.
12.3.2025: Auf der Website des Schriftstellerhauses ist inzwischen ein ausführliches Interview mit Verena Boos verfügbar, in dem sie ausführlich auf die Hintergründe des Romans eingeht. Zum Interview