Im Urlaub nahm ich mir endlich den 3. Roman von Carl Nixon vor, dem neuseeländischen Autoren, den ich im Frühjahr für mich entdeckt hatte. Ich war gespannt, wie es mir mit diesem Roman ergehen würde.
Box Saxton war einst ein erfolgreicher Bauunternehmer, der seine Kinder auf teure Privatschulen schicken konnte und in einer exclusiven Wohngegend Christchurchs lebte. Die Finanzkrise jedoch trieb ihn in die Insolvenz und er arbeitet als einfacher Bauarbeiter an Baustellen, die oft weit entfernt von seinem Wohnort liegen. Dort erreicht ihn die Nachricht, daß sein Sohn Mark Selbstmord bgeangen hat. Sofort fliegt er zurück zu Frau und Tochter. Bei den Vornbereitungen zur Trauerfeier taucht plötzlich Marks leiblicher Vater Tipene auf, ein Maori, der Mark und seine Mutter kurz nach dessen Geburt verlassen hatte und keinen Kontakt zu seinem Sohn hatte. Er möchte, daß Mark nach der Tradition der Maori und an der Stelle bestattet wird, an der seine Ahnen liegen. Als Box und seine Frau sich dem verweigern, entführt Tipene Marks Leichnam. Obwohl das Recht in Neuseeland auf Tipenes Seite ist, macht sich Box auf, um sich seinen Sohn zurück zu holen…..
Was mir an diesem Autor gefällt ist, daß kein Buch wie das andere ist. Auch dieser Roman zog mich vom ersten Moment an in seinen Bann, obwohl er ja wahrhaftig eine sehr ungewöhnliche Handlung hat. Wieder zeigt sich, daß Carl Nixon mit seiner Sprache eine ungeheuer dichte Atmosphäre erzeugen kann. Er erzählt ausschließlich aus der Perspektive von Box, der seinen Ziehsohn vollkommen als sein Kind sieht und großgezogen hat. Aus seiner Warte gibt es überhaupt keinen Grund, Mark nach der Tradition der Maori zu bestatten, denn er hatte keinen Kontakt zu seinem Vater. Aber so ganz nebenbei erfahren wir auch, daß Mark begann, sich für seine Wurzeln zu interessieren und auch, daß es vielleicht doch nicht so ganz stimmt, daß Tipene Sohn und Mutter im Stich gelassen hat, sondern daß es auch sein könnte, daß Liz den Kontakt abgebrochen hat.
Während Box auf der Suche nach Marks Leichnam ist, erfahren wir etwas aus seiner Kindheit und Jugend, aus der Familiengeschichte seiner Großeltern und davon, wie er und Liz sich kennen- und lieben lernten. Seine Fahrt macht Box jedoch auch zum polizeigesuchten Mann, denn er weigert sich anzuerkennen, daß das neuseeländische Recht Marks leiblichem Vater mehr Recht gibt als ihm, daß er sich von seinem Sohn nicht so verabschieden kann, wie es für ihn und seine Familie richtig wäre. Box wird unterwegs zum Brandstifter und Dieb.
Was mir gut gefallen hat, daß Carl Nixon sich auf ein Thema konzentriert, nämlich die Trauer eines Vaters um den Verlust seines Sohnes und wozu diese Trauer ihn bringt. Die kulturellen Unterschiede zwischen Maori und Weißen bilden lediglich den Hintergrund des Romans. Dennoch erfahren die Leser*innen etwas über die Tradition im Umgang mit dem Tod in der Maorikultur. Und obwohl Nixon aus Box‘ Perspektive erzählt, konnte ich den Gedanken, die der Tradition zu Grunde liegen, etwas abgewinnen, auch wenn ich Box Wünsche ebenso nachvollziehen konnte. Hingegen erfahren wir nichts darüber, warum sich Mark eigentlich umgebracht hat. War es der soziale Abstieg der Familie, der ihm viele Möglichkeiten nahm? Oder gab es noch ganz andere Gründe, von denen Box nichts ahnte? Solche Fragen werden nicht einmal gestellt, es blieb vollkommen mir als Leserin überlassen, mir dazu Gedanken zu machen. Gleichzeitig empfand ich diesen Roman als sehr hart und männlich, teilweise machte er es mir schwer, die kompromisslose Handlungsweise von Box nachzuvollziehen.
Fazit: Carl Nixon war eine echte Entdeckung für mich, auch wenn mir die erste Lektüre, Lucky Newman, am besten gefiel. Auf jeden Fall ist es ein Autor, dem ich hierzulande mehr Aufmerksamkeit wünschen würde!
Hier können Sie einen Blick in’s Buch werfen
Wenn Sie Lust bekommen haben, das Buch zu lesen, können Sie es bei den beiden Vaihinger Buchhandlungen buch+musik und Vaihinger Buchladen bestellen bzw herunterladen. Die Links führen direkt zum Titel in den jeweiligen Webshops.
Dazu möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, daß der Titel bereits 2013 im Weidle Verlag und 2016 als Taschenbuch erschienen ist. Der Shopanbieter (Libri) von buch+musik hat sich leider dazu entscheiden, viele ältere Titel auszulisten, wenn sich sich in wirtschaftlicher Hinsicht nicht gut genug verkaufen. Er zeigt diese Titel unverständlicherweise auch überhaupt nicht mehr an, so daß der Eindruck entstehen kann, sie seien nicht mehr erhältlich, obwohl sie bei den Verlagen und anderen Großhändlern durchaus noch zu haben sein könnten. Es lohnt sich also, in solchen Fällen eine mail an die Buchhandlungen zu schicken oder sich dort telefonisch oder vor Ort zu erkundigen, ob und in welcher Zeit solche Titel wie dieser zu besorgen sind.