Dieses Buch habe ich bei einer Verlosung von Lovely Books gewonnen. Ich habe mich gefreut, daß ich es bekommen habe, denn ich hatte von Paulus Hochgatterer schon einmal ein Buch gelesen, das mir gut gefallen hatte, das allerdings kein Krimi war – und als solches war dieser Roman nun angekündigt. Deshalb war ich gespannt, wie der Autor, der im Hauptberuf als Kinderpsychiater arbeitet, wohl einen Kriminalroman gestalten wird.
In Furth am See werden immer wieder Gewalttaten gegen ältere Menschen verübt, die Kommissar Kovacs und Psyhiater Horn vor Rätsel stellen, denn die Opfer behaupten stets, daß es sich um Unfälle handelt. Bei den Befragungen wirken sie zwar ängstlich und verstört, aber sie weigern sich, von ihrer Unfallversion abzuweichen. Erste Spuren führen in ein ehemaliges Kinderheim, das heute als Flüchtlingsheim für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge dient und von der Mehrheit der Bürger in Furth abgelehnt wird. Und dann verschwindet auch noch ein kleines Mädchen……
Mit diesem Buch habe ich mich nicht ganz leicht getan. Das mag zu einen daran liegen, daß es der dritte Band einer Reihe ist, in denen das Ermittlerduo Kovacs und Horn tätig ist. Die Vorgängerbände heissen „Die Süße des Lebens“ und „Das Matratzenhaus“ Paulus Hochgatterer macht sich nicht die Mühe, seine Hauptprotagonisten mit ihrer Geschichte vorzustellen, sondern sie sind einfach da und agieren. Ich bin mir deshalb nicht ganz sicher, ob es eine Rolle spielte, daß dieser dritte Teil für mich der erste war.
Gleichzeitig fiel es mir sehr schwer, in Buch und Geschichte reinzukommen, denn es gibt mehrere Handlungsstränge, die nebeneinander herlaufen und zuerst einmal scheinbar wenig bis nichts miteinander zu tun haben:
Da ist Ludwig Kovacs, Kommissar, Anfang 60, gesundheitlich angeschlagen, der mit seinem Team zunächst der Frage nachgehen soll, wer ein aufwendiges Graffiti am Gebäude eines politisch wichtigen Unternehmers im Ort gesprayt haben könnte. Dazu kommen die rätselhaften Angriffe auf die alten Menschen und das verschwundene Mädchen. Seine Familie macht sich Sorgen um seine Gesundheit und er spielt immer öfter mit dem Gedanken, den Polizeiberuf an den Nagel zu hängen und in einer kleinen Bootswerkstatt anzuheuern.
Raffael Horn, der Psychiater, bekommt es ebenfalls mit den scheinbaren Unfallopfern, aber auch mit dem verschwundenen Mädchen zu tun. Er macht sich jedoch vor allem Gedanken um seinen jüngeren Sohn, der eine Künstlerlaufbahn einschlagen will und beginnt, ein merkwürdiges modernes Werk in seinem Garten zu errichten. Unterstützt wird er dabei von einem der Flüchtlinge, die auf der „Burg“, dem ehemaligen Kinderheim, leben.
Im Jugendtreff Come In arbeitet Regina. Die Jugendlichen, die sie gemeinsam mit einigen KollegInnen und einer Supervisorin betreut haben alle mehr oder weniger große Macken. Reginas Schwester ist die Klassenlehrerin der kleinen Elvira, die verschwunden ist.
Und dann gibt es noch die Einschübe des Entführers von Elvira. Das waren die Passagen, die ich als besonders intensiv empfunden habe und aus denen sich langsam ein Bild zu formen begann, was es mit den Anschlägen auf die alten Menschen auf sich haben könnte.
Im Klappentext des Buches heißt es zwar, daß Kovacs und Horn ein Ermittlerduo seien, aber gemeinsam ermitteln tun die Beiden nicht. Als Leserin erlebte ich mit, wie die beiden Männer sich mit den Geschehnissen auseinandersetzen und versuchen den Dingen auf den Grund zu gehen, aber sie tun das nicht gemeinsam, sondern unabhängig voneinander. So ist es auch mit den anderen Handlungssträngen: Sie laufen nebeneinander her und manchmal gibt es Berührungspunkte – man muss aber sehr genau und aufmerksam lesen, um sie alle wahrzunehmen. Das machte mir die Lektüre phasenweise schwer, zumal es eine Fülle von Personen gibt, über die ich manchmal etwas die Übersicht verloren habe. Erst im letzten Drittel nahm das Buch dann richtig Fahrt auf und das Ende war sehr überraschend, aber logisch.
Sprachlich ist das Buch hervorragend geschrieben, es gibt schöne Formulierungen und man merkt zudem, daß der Autor Psychiater ist. Wie er das Innenleben seiner Figuren beschreibt, einerseits nah, andererseits distanziert, ist brillant. Aber gerade das hinterlässt auch manche Frage, denn wir lernen die Personen immer nur aus der Perspektive eines Protagonisten kennen – einen direkten Blick in ihre Seele hinein gewährt und Hochgatterer nicht.
Fazit: Auf dem Cover des Buches steht Roman. Das finde ich auch passend, denn es handelt sich nicht um einen klassischen Kriminalroman, auch wenn es letztendlich einer ist. Im Vordergund stehen die Menschen und die inneren Verletzungen, die sie davon getragen haben sowie die Frage nach Schuld und danach, ob sie gerächt werden kann.
Ein vielschichtiger (Kriminal)Roman, der ganz genau gelesen werden will!
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