Dieser Kriminalroman interessierte mich, weil er sich mir einem dunklen Kapitel ost-westdeutscher Geschichte beschäftigt. Ich hatte das Glück, bei Lovely Books ein Rezensionsexemplar zu gewinnen.

Der Inhalt

Allzuviel möchte ich nicht verraten: Im ersten heißen Jahrhundertsommer 2003 erschüttert eine Mordserie Rostock. Kriminalhauptkommissar Frank Elling ermittelt mit seiner Kollegin Lona Mendt. Nach dem ersten Mord sieht zunächst alles nach einem Routinefall aus, aber dann erweist sich die erste Spur als Finte und Elling und seine Kollegin dringen langsam in ein Dickicht alter DDR – Seilschaften, das bis in die Gegenwart und in hohe politische und wirtschaftliche Kreise reicht. Die beiden Ermittler stoßen immer wieder an Grenzen, deren Überwindung auch sie selbst zu fragwürdigen Handlungen treibt.

Meine Meinung

Autor Holger Karsten Schmidt schreibt hier unter seinem Klarnamen – ich kannte bisher nur seine Reihe um den Ermittler mit Asperger Syndrom „Lost in Fuseta“.

Mit Lona Mendt und Frank Elling hat er nun ein ziemlich gegensätzliches Ermittlerduo zu dem eher weichgespülten Team um Leander Lost geschaffen: Frank Elling, den alle nur Elling nennen, egal ob sie ihn siezen oder duzen, stammt aus Rostock und ist ein scharfsinniger Ermittler, der aber größten Wert auf einen pünktlichen Feierabend legt. Er liebt seine Frau und seine Tochter und lebt finanziell auf viel zu großem Fuße, was ihn im Laufe der Ermittlungen in Schwierigkeiten bringt und zu fragwürdigen Handlungen treibt.

Lola Mendt kam erst vor kurzem aus Hannover nach Rostock und ihre freie Lebensweise befremdet Elling ein Stück weit: Sie lebt in einem Wohnmobil auf immer wieder wechselnden Stellplätzen in der Umgebung und hält ihre Kolleg*innen auf Distanz. Aber Elling der durchaus empathisch ist, spürt, daß sie eine Tragödie erlebt haben muss. Wie die beiden trotz ihrer Macken im Laufe des Buches zu einem Team zusammenfinden, das sich wunderbar ergänzt, erzählt der Autor sehr überzeugend und glaubwürdig – das hat mir sehr gut gefallen.

Bei der Entwicklung dieser beiden Figuren hat den Autor, wie auf seinem Blog zu lesen ist, vor allem gereizt, ein Ermittlerduo mit Geheimnissen, Abgründen und Kanten zu schaffen. Gleichzeitig wollte er ein gesellschaftliches Thema so behandeln, daß es kein eindeutiges Gut oder Böse gibt und die Frage nach menschlichen und ethischen Werten neu betrachtet werden. Auch das ist ihm gelungen, denn Elling und Mona werden mit Praktiken westlicher Pharmakonzerne, der Skrupellosigkeit der Stasi und deren Folgen bis in die Gegenwart konfrontiert. Am Ende des Buches gibt es eine Art Gerechtigkeit, die mir auf den ersten Blick befriedigend erschien, die ich mir aber nachdem ich genauer darüber nachgedacht habe, niemals wünschen würde.

Fazit: Ein spannender, sehr gut konstruierter und komplexer Krimi, der mich mit sehr gemischten Gefühlen zurückgelassen hat, nicht nur wegen seines Themas. Auf der Rückseite des Buches steht ein Zitat von Wolfgang Schorlau: „Die säuberliche Trennung zwischen Ermittler und Täter ist aufgehoben, wierLeser wissen nicht immer genau, ob die Guten wirklich gut sind – und erwischen uns dabei, daß wir ihnen trotz ihrer Fehltritte die fest Daumen drücken.“ Das Daumen drücken hat bei mir lange geklappt, aber ganz am Ende wurde der Druck dann doch spürbar schwächer. Trotzdem und gerade deshalb: Absolut lesenswert!

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