Klett-Cottas Fantastisches Seminar
Fantasy – seien wir ehrlich – ist ein Genre, das gerne belächelt wird, Stempel wie „Märchen für Leute, die nicht erwachsen werden wollen“, „Nonsens!“, „eskapistische Pseudo-Literatur“ oder auch schlicht „Gedöns“ bekommt. (Doch, ehrlich, mit meinen eigenen Ohren habe ich jede einzelne dieser Titulierungen mindestens einmal gehört!)
Ich sehe das anders, und manchmal kann ich nur schwer an mich halten, um nicht missionarische Arbeit für dieses häufig geschmähte Genre zu leisten. Umso größer meine Freude, dass der in Stuttgart ansässige Klett-Cotta-Verlag – DER Verlag für wundervolle, poetische, außergewöhnliche und einzigartige Fantasy-Literatur – dass dieser wunderbare Verlag nun zu einem Seminar zum Thema Fantasy geladen hatte. Sogar mit Bonus, aber darauf komme ich später.
Am Donnerstag Abend ein erstes Kennenlernen im Verlagshaus (Ein Jugenstilbau allererster Güte, wie könnte man da KEINE gute Literatur machen?), rund 40 Teilnehmer aus ganz Deutschland waren anwesend, plauderten, begutachteten Buchumschläge und das schöne Treppenhaus, aßen und tranken und waren allgemein aufgeräumter Stimmung. Und dann gab es schon die erste Diskussion (die allerdings vom Verlag gewünscht war), nämlich um die Frage: Was macht ein gutes Fantasy-Cover aus? Wie muss ein Buch aussehen um zum Erfolg zu werden?
Das ist übrigens eine Frage, die alle, wirklich alle Verlage gerne stellen. Es gibt auch Antworten auf diese Frage, aber immer erst, nachdem ein Buch erschienen ist und erfolgreich war oder nicht. Obwohl wir BuchhändlerInnen schon manchmal davon träumen, uns durch die Vorhersage eines erfolgreichen Buches nebenher noch was dazuzuverdienen… Aber ich schweife ab.
Am Freitag ging es dann richtig los, erst mit ein bisschen Verlagsgeschichte (die spannender war als es sich immer anhört, ehrlich!), dann mit einem Vortrag von einem der Lektoren, der uns auch in die schöne Geschichte einweihte, wie der „Herr der Ringe“ zu Klett Cotta kam, und welche 7 Punkte ganz essentiell für Fantasy-Literatur sind, woran man sie erkennen kann. (Punkt 4, Essen, war mein liebster Punkt. Und mir fielen tatsächlich fast gar keine Beispiele ein, in denen nicht gegessen oder ein Bankett gegeben wurde.)
Anschließend durften wir Teilnehmer dann wieder mitreden: Was braucht der Fantasy-Markt? Wie kann der Verlag sich selbst als Marke noch stärken? Braucht Klett Cotta ein Taschenbuch-Programm? Sind eBooks ein Thema für Fantasy-Kunden? Was könnte man falsch, was richtig machen? Und, immer wieder und vor und über allem: Was wollen die Kunden, die Leser und Leserinnen?
Und dann kam der erste Bonus, in Gestalt von Tad Williams. Aktuell ist er mit „Die dunklen Gassen des Himmels“ unterwegs, bekannt wurde er durch Bücher wie „Der Drachenbeinthron“ und die „Otherland“-Saga. Beim Seminar las er aus dem kommenden zweiten Teil von „Die dunklen Gassen…“ und entpuppte sich dabei als großartiger Entertainer, der im Anschluss locker und entspannt und witzig alle unsere Fragen beantwortete (ich weiß jetzt, dass seine Katze Rachegelüste hat. Rache wofür ist selbst ihm unklar, aber dass es Rache ist, ist wohl eindeutig). Bücher signiert hat er auch noch. Und dann nochmal gelesen. Großartig, ehrlich.
Der zweite Bonus war eine Geisterführung durch Stuttgart. Die Markthalle, das Alte Schloss, die Stiftskirche… überall scheint es in der Stuttgarter Innenstadt zu spuken! Und der Spaziergang war eine willkommene Abwechslung zum langen Sitzen und Debattieren.
Zum Abschluss gab es noch ein hervorragendes Abendessen im „Stäffele“, einer urtypishen schwäbischen Gaststätte. Mr. Williams war immer noch bei uns und er bekam Verstärkung in Form von Christian von Aster, der ebenfalls Autor bei Klett Cotta ist. Mit seiner „kryptopoetozooligschen Forschung“ traf er bei uns Fantasy-Liebhabern genau ins Schwarze. Auch er hat Bücher signiert und mit uns geplaudert. Sehr entspannt sind sie, diese Klett-Cotta-Autoren.
Und dann war es leider schon wieder vorbei. Das geht immer so schnell. Wie Hexerei ist das.
Text und Bilder: Kati Fräntzel