Gastrezension: „Totenpfad“ von Elly Griffiths
Ein weiteres Erstlingswerk liegt gelesen vor mir, „Totenpfad“ von Elly Griffiths. Die Kurzbeschreibung lässt hoffen, dass es eine gute Premiere werden könnte. Warum? Mit der forensischen Archaeologin Dr. Ruth Galloway schafft Griffith eine Figur mit viel Potential für spannende Krimis, mit reichlich viel Möglichkeiten für Stoff zwischen Vergangenem und Gegenwärtigem. Und der Ort der Handlung, das urwüchsige und naturbelassene Norfolk im Osten Englands mit Felsenküsten und Salzmarschen, bietet mit seiner reichen Historie ebenso bestes Potential für düstere Thriller.
Dort verschwand vor zehn Jahren die kleine Lucy spurlos. Briefe eines offensichtlichen Psychopathen bestärken Detective Chief Inspector Harry Nelson in seiner Überzeugung, dass sie nicht ermordet wurde. Zu einem Knochenfund zieht er Dr. Ruth Galloway hinzu, die zunächst nur bestätigen kann, dass der Fund mehrere tausend Jahre alt ist. Als aber noch ein weiteres Mädchen spurlos verschwindet, wird sie immer mehr in beide Fälle involviert, durch Nelsons beharrliche Suche, aber auch angetrieben durch die Erinnerung an eigene Ausgrabungen von zehn Jahren.
Leider kann Griffith diese Möglichkeiten nicht nutzen, um intensive Spannung zu erzeugen. Die sprachlichen und stilistischen Mittel hat sie ohne Frage, die detailreichen Naturbeschreibungen, verständlich wiedergegebene archäologische Fakten beweisen dies auch in deutscher Übersetzung. Dennoch täuschen sie nicht über dramaturgische Schwächen der Handlung hinweg. Geübten Krimilesern kommt schon recht früh ein Verdacht, der sich dann auch erhärtet. Unklar bleiben die Beweggründe des Täters, die Griffiths zu kurz und ohne klares Konzept abhandelt. Auch die Figur der Dr. Ruth Galloway bleibt blass, trotz redlicher Mühen der Autorin, ihr Profil und Eigenständigkeit zu verleihen; ihre Mühen wirken bruchstückhaft und konstruiert.
Für mich ein widersprüchliches Buch – trotz starker Sprache schwache Spannung, trotz knorriger Landschaften simple Handlung. Den Zitaten zufolge schreibt Griffiths schon am zweiten Band. Hoffentlich wird der besser.
Thomas Wolter
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