Barthold Hinrich Brockes: Herbstgedanken
Da ich die grüne Pracht der Bäume zärtlich liebe
Und folglich mich anjetzt im Herbst bei ihrem Fall,
Bei der Entblätterung der Wipfel überall
Und der Vernichtigung des Laubes recht betrübe,
So deucht mir doch, ob hör ich sie im Fallen
Zu meinem Troste dies mit sanftem Lispeln lallen:
„Du siehest uns von dem geliebten Baum
Nicht, um denselben zu entkleiden,
Noch um ihn nackt und bloß zu lassen, scheiden;
Ach nein, wir machen frisch und schönern Blättern Raum.“
Barthold Hinrich Brockes (1680-1747)
Doch noch einmal Herbst – jetzt ist er so richtig da mit seinen wechselnden Stimmungen, mal strahlender Sonnenschein, mal trübe, kalt und neblig. Die Farbenpracht ist fast schon vorbei, beim Spazierengehen raschelt das Laub. Die Stimmung, dich mich da manchmal überkommt, drückt für mich das Gedicht von Barthold Heinrich Brockes sehr schön aus. Ich habe es ausnahmsweise einmal nicht in meinem Gedichtband „Der ewige Brunnen“ gefunden, sondern im Internet.
„anjetzt“ und „Vernichtigung des Laubes“ – seltsam alte Sprache, aber schön!
Sehr gut finde ich auch den Band „Atem der Erde“. Lyrik zu den vier Jahreszeiten. Herausgegeben von Asta Scheib. Radius Stuttgart 2013
Gruß von Sonja