Schön war’s: „An einem Strang – Ein Buch-Bistro EXTRA“. Gastbeitrag von Frauke Ehlers
Es ist schon drei Jahre her, aber ich habe die Blind Date Lesung aus 2010 mit Michael Kleeberg in der Schiller Buchhandlung noch in sehr guter und besonderer Erinnerung. Es war aufregend, wer in die Schiller Buchhandlung kommen wird und Susanne Martin hat, im Gegensatz zu manch anderen Kolleginnen und Kollegen wirklich nicht verraten, wer bei ihr lesen wird. Und dann war Michael Kleeberg da und hat aus seinem damals erschienen Buch „Das amerikanische Hospital gelesen.
Das war sehr, sehr eindrücklich und auch wenn es nicht für eine tolle Abtragung meines Stapels ungelesener Bücher spricht, so liegt es da immer noch, als eines das unbedingt gelesen werden will.
Das Publikum spürte diese „Wahrhaftigkeit“ von dem was Michael Kleeberg damals vortrug- und drei Jahre später spürt man, dass es dieses Wort sein könnte, dass alle drei Autoren verbindet, die am Freitag, den 13.9.2013 in der Schiller Buchhandlung im Rahmen des „Formats“ „Autoren und Buchhandlungen ziehen an einem Strang“ zusammenkamen, um mit Buchhändlern und Lesern ins Gespräch zu kommen, was sie aneinander haben. Neben Michael Kleeberg Sind das Catalin Dorian Florescu und Jan Koneffke. Moderiert wurde der Abend von Wolfgang Tischer.
Michael Kleeberg erzählte, wie er auf diese Aktion kam, die vom Sortimenterausschuss des Börsenvereins, dem Berufsverband des Buchhandels, unterstützt und die mit einer ganzen Reihe von Autorinnen und Autoren in verschiedenen Buchhandlungen in der Republik stattfinden. In den kleinen und mittleren Sortimenten, die seit einiger Zeit spürbar merken, dass sich ihr Geschäft in Konkurrenz zu Online Handel und anderen Auswirkungen der Digitalisierung heftig wandelt. Kleeberg bekam einen Brief von einem befreundeten Buchhändler der Tacheles redete. Und seine Reaktion war, ja da möchte ich unterstützen, da möchte ich als Autor und Schriftsteller zum Ausdruck bringen, dass ich diesen Buchhändler um die Ecke brauche, der durch Idealismus und Engagement meine Bücher unterstützt, sie im Wust der Neuerscheinungen entdeckt und empfiehlt. „Ich möchte eine Lanze brechen für den leidenschaftlichen Buchhändler“ – und, ich ergänze „die leidenschaftliche Buchhändlerin.“
Hört man Dorian Catalin Florescu zu, dann wird deutlich, was für ein bewusster Akt es für ihn war, zu entscheiden, „ich bin Schriftsteller“ und auch, das solch eine Entscheidung ein schwerer Weg ist. Vor allem am Anfang. Er sagt, seine ersten drei Romane, habe er über engagierte Buchhändler und Buchhandlungen verkauft. Und man spürt die Dankbarkeit, die er tatsächlich dafür empfindet, dass dies so war.
Alle drei Autoren sehen ihren Job im Schreiben und in nichts anderem in der Wertschöpfungskette des Buches. Das Literatur nur noch als Ware gesehen wird ist undenkbar. Es fallen Sätze wie: „Lesen lernen heißt leben lernen.“ Für Vermarktung und Verkauf ist der Verlag und der Buchhandel zuständig, einfach, weil die das können. Man möchte sich auf den „Strom des Geplappers“ den die Sozialen Netzwerke zur Verfügung stellen überhaupt nicht einlassen. Klar möchte man hin und wieder auf seine Leser und Leserinnen treffen, aber nicht im virtuellen Raum. Auf Lesungen und in Buchhandlungen auf Leser treffen ja, aber Computersysteme bedienen, besser Consumer Generated Content liefern: „Nein – wir sind Schriftsteller.“
Wow – welch klare Haltung.
Ob dieser stringenten Trennung war ich verblüfft. Alle Autoren sind aus meiner Generation (Zwischen 1959 und 1967) und diese leichte Ignoranz, die sich eventuell mehr als echte Positionierung tarnt, als sie tatsächlich ist, machte mir den Eindruck, als ob die digitale Welt nicht wirklich wahrgenommen wird, oder, wenn, dann nur als Gefahr. Dankenswerter Weise hat Susanne Martin deutlich gemacht, dass sie mit der Buchhandlung versucht, beide Welten zu bedienen – die eine mit der andern zu verbinden. Die eine für die andere Welt zu nutzen. Im Laden auf den Blog verweisen und auf dem Blog auf das Buch und auf den Laden. Und auch der Moderator des Abends, Wolfgang Tischer, der mit seinem Literaturcafe, seit 1996 zeigt wie bereichernd „Digitalien“ auch für Literatur sein kann, wirft so manche provokante These ein, die die Schriftsteller aber nicht von ihrer Haltung abbringt.
Denn: „Schreiben ist heilig“ – ist zum Beispiel ein weiterer Satz mit dem man von Florescu konfrontiert wird.
Genau das ist die andere Seite des Buchhandels – vielleicht wirklich eine, die gerade verloren geht. Für diese Dimension des Literarischen einzustehen, für Wahrhaftigkeit und Würde, für Vielfalt statt für Monopole – dafür setzen alle drei am vergangenen Freitag ein eindrückliches Zeichen. Und, wenn der Händler und der Verlag dafür alle Kanäle nutzt, die heute zur Verfügung stehen, ist das gut. Aber es ist eben nicht des Schriftstellers Aufgabe.
Und ich denke, vielleicht war das kein Zufall, dass Michael Kleeberg hier einen Text über Kirchen liest und das Jan Konneffke das Kindergedicht über „die flotte Motte Lotte“ bravourös vorträgt, daß der Raum begeistert tobt. Hier fand Begegnung über Literatur statt und alle ahnten ein Anflug dessen, dass Buchhandlungen mehr sind als showrooms – vor allem dann, wen alle an einem Strang ziehen.
Tolle Aktion Herr Kleeberg!
Text: Frauke Ehlers, Bilder: Frauke Ehlers und Susanne Martin
Hörproben:
Michael Kleeberg: Im Gespräch über das „Amerikanische Hospital“
Jan Koneffke: Die sieben Leben des Felix Kannmacher
Florescu liest aus „Jacob beschließt zu lieben“