3 Novellen, die alle um das Thema Wildnis kreisen und die in Regionen spielen, die ich kenne – die wollte ich gerne lesen. Vor allem, nachdem Autor Moritz Hildt bei der Buchpräsentation im Stuttgarter Schriftstellerhaus die Leseabschnitte jeweils mit geschickt platzierten Cliffhangern beendete.
Ich möchte gar nicht so detailliert auf den Inhalt der einzelnen Geschichten eingehen – schließlich will ich nicht zu viel verraten! Angesiedelt sind sie im Olympic National Park im Norden der USA an der Pazifikküste, in Salzburg und den Bergen bei Bad Gastein sowie auf der Schwäbischen Alb nahe Schloß Lichtenstein.
Ihre Protagonist:innen erleben die Wildnis ganz unterschiedlich: Da ist das Paar, das seit vielen Jahren zusammenlebt und mit dem Wohnmobil Urlaub im Nationalpark macht. Dort treffen sie auf einen Mann, der als vermisst gilt und verletzt ist. Sie verartzten ihn und nehmen ihn mit, aber ebenso unvermittelt, wie er aufgetaucht ist, verschwindet er wieder.
In der zweiten Novelle erinnert sich Theo an ein Wochenende, das er kurz nach der Trennung seiner Eltern mit dem Vater in dessen neuer Heimat Salzburg verbringt und an eine gemeinsame Wanderung in die Berge.
Auf der Alb schließlich begegnen wir einer Frau und einem Mann, beide verheiratet, die sich immer wieder auf Kongressen treffen und eine heimliche Affäre haben. Zum ersten Mal verbringen sie nach dem Kongress noch ein Wochenende, das ein unerwartetes Ende nimmt.
Was mir an allen drei Novellen so gut gefallen hat ist, wie Moritz Hildt eine dichte Atmosphäre schafft und eine starke innere Spannung aufbaut. Die Beziehung des Paares, das einen Traumurlaub verbringen will, ist brüchig geworden und die kurze Zeit, die sie mit dem Fremden verbringen, bringt es ans Tageslicht. Der Sohn erinnert sich als Erwachsener zurück an das Wochenende mit seinem Vater, während dem er vieles nicht richtig einordnen kann: Eine Frau, mit der der Vater die Nacht verbringt, die Enttäuschung, dass der Vater keinen Hund mehr hat und das Gefühl des Versagens, als er die vorgesehen Wanderung nicht schafft. Das Paar schließlich, das sich auf ein gemeinsames Wochenende gefreut hat, lernt sich noch einmal ganz anders kennen.
Diese menschlichen Untiefen verbindet Moritz Hildt mit sehr schönen, fesselnden Naturbeschreibungen. Man sieht die Lachse springen, hört die Bäche rauschen und sieht die Blindschleiche sich auf dem Traufpfad winden. Die titelgebende Wildnis begegnete mir in diesen Novellen ganz unterschiedlich und oft hintergründig, in der Natur und in den menschlichen Beziehungen. Allen drei gemein ist außerdem das Unerwartete und Unberechenbare, das sich vor allem in ihrem jeweiligen Ende ausdrückt. Das und die sehr schöne Sprache machte die Lektüre für mich zu einem wunderbaren Lesevergnügen!
Fazit: Drei Novellen, die einen unwiderstehlichen Sog auf mich auswirkten – sehr lesenswert!
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