Manchmal stößt man erst spät auf Bücher, die einmal Bestseller waren und das sogar zurecht. Bei diesem Buch ging es mir so. Und dabei liebe ich Bücher, denen es gelingt, auf wenigen Seiten eine komplexe Geschichte zu erzählen. So mancher Autor dicker Wälzer könnte sich daran ein Beispiel nehmen!
Auch bei diesem Buch ist das so: Auf 190 Seiten erzählt Maria Barbal die Lebensgeschichte von Conxa, die mit ihren 5 Geschwistern in den spanischen Pyrenäen aufwächst. Mit 13 Jahren kommt sie zu ihrer Tante einige Dörfer weiter, die selbst kinderlos geblieben ist und der sie zur Hand gehen soll. Dort lernt sie Jaume kennen und lieben. Gegen anfängliche Widerstände können die beiden heiraten. Die Zeit mit ihm, dem sie drei Kinder schenkt ist für Conxa die glücklichste ihres Lebens. Doch sie endet jäh, als Jaume, der sich der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung anschließt, von Franco – Truppen erschossen wird. Conxa selbst wird interniert und kehrt nach einigen Wochen wieder ins Dorf zurück. Irgendwann verläßt sie mit ihrem Sohn und seiner Familie den Hof und geht nach Barcelona, eine für sie völlig fremde Welt…..
Es ist bewundernswert, wie die Autorin Conxa erzählen läßt und sich dabei völlig in die einfache Frau aus den Bergen hineinversezt. Diese ahnt zwar, daß ihr Mann ihr genommen werden wird, aber sie fügt sich ohne großen Widerstand in ihr Schicksal, das von Verlusten geprägt ist: Zuerst dem Verlust ihrer Eltern und Geschwister – denn auch wenn das Dorf, in dem ihre Tante lebt, für heutige Verhältnisse nah am Heimatort Conxas liegt, war es für damalige Verhälrtisse eine weite Reise. Der zweite Verlust ist der ihres Ehemanns Jaume, mit dem sie eine glückliche Ehe führt. Und zum Schluß der Verlust der Heimat. Denn "Barcelona, das ist ein ferner Himmel und schreckhafte Sterne. Das ist ein feuchter Himmel und ein ganz grauer Himmel. (…) Barcelona, das ist für mich etwa sehr schönes. Die letzte Stufe vor dem Friedhof."
So entsteht das Bild eines Frauenschicksal und das Porträt eines Lebens in einer Umgebung, die längst untergangen ist. Unbedingt lesenswert!