Ich freue mich über eine neue Gastrezension von Barbara Scholz! Das Buch habe ich inzwischen auch gelesen und bin nicht ganz so begeistert wie die Rezensentin. Aber das genau ist ja das schöne an Büchern – man kann verschiedene Meinungen dazu haben. Lesen Sie also dieses Mal zwei Stimmen zu einem Buch!
„Ich möchte von Anfang an klarstellen, dass ich nicht ganz normal bin, denn im Alter von neun Jahren hatte ich ein einschneidendes Erlebnis.“ So stellt Jessica, die 12jährige Protagonistin des Romans, sich selbst vor. Das einschneidende Erlebnis war das Lob eines Schriftstellers: Jessica Vye, du bist ohne jeden Zweifel eine echte Schriftstellerin. nachdem er ihre Notizen und Geschichten gelesen hatte. Aber Jessica hat noch weitere Eigenschaften, die sie von anderen Mädchen unterscheiden, sie sagt unweigerlich und überall immer die Wahrheit, kann entsetzlich schlecht die Klappe halten, und sie weiß immer, was die Menschen denken.
Ein kleiner Badeort in England 1940, während des 2. Weltkriegs, deutsche Luftangriffe, Verdunkelung, Lebensmittel werden rationiert, das Leben der Jugendlichen ist ziemlich reglementiert, und vieles ist nicht mehr möglich. Aber Jessica und ihre Freundin Florence suchen sich, sooft es geht, Freiräume und Reste von Normalität, womit sie dann auch prompt immer wieder in Schwierigkeiten geraten.
Ein bezaubernder Roman über das Erwachsenwerden, witzig, ironisch, spannend erzählt für alle Leserinnen ab 14 Jahren, die Spaß an aufmüpfigen, unabhängigen, schlagfertigen Heldinnen haben.
Ich habe irgendwie Schwierigkeiten mit Jessica Vye gehabt und bin nicht so recht warm mit ihr geworden. Dabei habe ich eigentlich gar nichts gegen widerborstige oder selbstbewußte Mädchen. Was mich glaube ich gestört hat, ist eine gewisse Eitelkeit, die aus diesem Mädchen spricht – jedenfalls meinem Empfinden nach. Und wenn ich mit einer Hauptperson, die dazu noch die Geschichte erzählt, nicht warm werde, habe ich meistens auch Probleme mit dem Buch. Mir fiel es zu Beginn nicht ganz leicht, in die Geschichte reinzukommen, aber irgendwann wollte ich dann schon wissen, wie sie sich weiterentwickelt. Was mich auch bei der Stange gehalten hat, sind Stil und der wirklich feine, hintergründige Humor, der mir auch schon bei den anderen Romanen von Jane Gardam so gut gefallen hat. Man merkt dabei, daß es ein früher Roman der Autorin ist – das wusste ich jedoch schon vorher und bin nicht mit der Erwartungshaltung an die Lektüre gegangen, ähnliches zu lesen wir in der Trilogie um Old Filth. Trotzdem tut es mir nicht leid, das Buch gelesen zu haben! Übersetzt ist das Buch, wie alle Bücher von Jane Gardam, wieder von Isabel Bogdan, der es auch hier gelingt, die Sprache der englischen Autorin wunderbar ins Deutsche zu übertragen!
Fazit: Einig sind wir uns darin, daß Jane Gardam einfach schreiben kann, uneinig sind wir uns über die Figur. Da hilft nur eins: Verschaffen Sie sich selbst ein Bild!
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