Lizzie Doron ist eine Autorin, die ich sehr schätze. Sie beschäftigt sich in ihren Romanen mit den Themen, die die israelische Bevölkerung umtreiben: Waren es früher die Schoah und ihre Auswirkungen auf die Überlebenden und ihre Nachkommen, die sie in ihren Romanen reflektierte, wendet sie sich seit „Who the Fuck is Kafka“ dem israelisch-palästinensischen Konflikt zu.
In ihrem neuen Buch „Sweet Occupation“ widmet sie sich erneut diesem Thema. Nach dem Erscheinen von „Who the Fuck is Kafka“ wurde ein Palästinenser über Facebook auf Lizzie Doron aufmerksam: „Auf Facebook hast du geschrieben, daß jeder Schriftsteller Geschichten braucht. Ich liefere dir Supergeschichten.“ Mohammed möchte sich mit ihr treffen, um ihr das Netzwerk Combabtants for peace vorzustellen. In dieser Bewegung engagieren sich Israeli und Palästinenser und versuchen, die tödliche Spirale aus Gewalt und Gegengewalt zu durchbrechen.
Lizzie Doron lässt sich ein auf das Treffen und trifft im Zeitraum von einem Jahr fünf verschiedene junge Männer, palästinensische Steinewerfer und Terroristen, aber auch israelische Kriegsdienstverweigerer. Sie hört sich ihre Geschichten an und wird dabei immer wieder konfrontiert mit ihren eigenen Erinnerungen an ihre Kindheit und Jugend.
Eingeschoben sind aktuelle Nachrichten über Attentate, die in diesem Zeitraum von Palästinensern verübt werden. Und das ist vielleicht auch der einzige Schwachpunkt dieses Buches: Was israelische Soldaten in den besetzten Gebieten anrichten, wird nicht in dieser Form geschrieben – vielleicht, weil sie die Autorin, trotz aller Einfühlsamkeit für rechtmäßig hält.
„Die Tragödie des anderen zu verstehen, ist die Voraussetzung, um einander keine weiteren Tragödien zuzufügen.“ Das steht vorne auf diesem Buch, das einen sehr persönlichen Einblick in die Tragödie dieses Jahrzehntealten Konfliktes gewährt. Und in ihrem Vorwort schreibt Lizzie Doron: „Viele meiner Freunde warfen mir vor, ich sei zu weit gegangen, habe rote Linien überschritten. Verleger meines Landes warnten mich, dieses Buch werde womöglich nie in Israel erscheinen. Aber ich hatte keine Wahl.“
Man kann nur von ganzem Herzen wünschen, daß dieses Buch auf hebräisch und auf arabisch erscheinen wird und noch viel mehr Menschen in Israel sich darauf einlassen, mit einander zu reden und zu versuchen, einander zu verstehen.