Birgit Hummler legt nach „Stahlbeton“ und „Crashkurs“ ihren dritten Baden-Württemberg Krimi vor, der auch dieses Mal in die Wirtschaftswelt führt.

Allerdings nicht direkt in die Welt von Wirtschaftsunternehemn, sondern vielmehr nach Brüssel, in die Welt der Lobbyisten: Auf einem Wanderparkplatz wird der Europa-Abgeordnete Ewald Angeloff erschossen in seinem Wagen aufgefunden. Er hält die Pistole noch in der Hand – dass es sich um Selbstmord handelt ist für die Böblinger Polizei keine Frage.

Aber Gerd Stoevesandt, Leiter der Abteilung Wirtschaftskriminalität im LKA hat seine Zweifel, denn nur wenige Tage vor seinem Tod telefonierte Ewald Angeloff mit ihm und fragte ihn, ob das Unterschlagen wichtiger Informationen mit dem Ziel, damit Geld zu verdienen, strafbar sei. Grund genug für den Kriminalisten, seinem Kollegen Bialas von der Stuttgarter Kripo einen entsprechenden Hinweis zu geben. Und tatsächlich wird eine Sonderkommission gebildet, die den Fall bearbeiten soll. Stoevesandt und Bialas jedoch gewinnen im Laufe ihrer Ermittlungen mehr und mehr den Eindruck, dass von ganz oben die Selbstmordtheorie als Ermittlungsergebnis gewünscht wird. Angeloff war immerhin Mitglied eines Ausschusses, der für die Gesetzgebung im Bereich der Chemieindustrie zuständig ist, einer Branche, die in Baden Württemberg Gewicht hat. Das spornt die Beiden an, der Sache gegen alle Widerstände auf den Grund zu gehen……

An einer Stelle im Roman mokiert sich Birgit Hummlers Hauptfigur Stoevesandt über die Ermittlungsmethoden in Fernsehkrimis. Fast scheint es mir, dass sich die Autorin von diesem Widerwillen hat leiten lassen: Langsam, manchmal fast etwas behäbig entwickelt sich die Handlung und die Ermittler tappen lange im Dunkeln. Aber wahrscheinlich ist das wirkliche Leben von Sonderkommissionen genau so: Akribische Auswertung von Spuren und Computern, die genaue Untersuchung von Beziehungsgeflechten, ein Gespür für die Lügen von Zeuginnen und Zeugen und ein wenig Rückgrat bei den Ermittelnden. In einem Film wäre das langweilig, in diesem Kriminalroman jedoch nimmt die Spannung langsam und kontinuierlich zu. Darüber hinaus wird ein beinahe unüberschaubares Geflecht des Lobbyismus in Brüssel dargestellt und etwas darüber erzählt, was dieser Lobbyismus mit den Menschen macht.

Während in den Vorgängerbänden vor allem Andreas Bialas und sein Team im Mittelpunkt der Handlung standen, wird dieser Krimi aus der Perspektive des Hamburgers Stoevesandt erzählt, der sich noch immer nicht ganz heimisch fühlt im Ländle, der aber zunehmend dessen Qualitäten entdeckt.

Leserinnen und Leser von rasanten und stringent erzählten Kriminalromanen mag das stören, wer sich aber Zeit nimmt, sich für ein spannendes Thema interessiert und darüber hinaus für die Befindlichkeiten des Handlungspersonals, der ist mit diesem komplexen Wirtschaftskrimi gut bedient!