Felix Huby begleitet mich seit Beginn meiner Lehre 1976 durch mein Buchhändlerinnenleben. Seine Kriminalromane um den Kommissar Bienzle waren Kassenschlager in den 80er Jahren – sie stehen heute noch in meinem Bücherregal. Unvergessen ist mir der entsetzte Blick meiner damaligen Chefin, als vom neuen Bienzle über 100 Exemplare zum Aufräumen im Gang standen. Ich wettete mit ihr, daß die innerhalb 1 Woche weg wären – ich habe die Wette gewonnen. Umso mehr interessierte mich der dritte Teil von Felix Huby’s autobiographischer Trilogie, an dessen Ende das Erscheinen seines ersten Kriminalromans und der Beginn seiner Karriere als freier Schriftsteller steht.
Christian Ebinger ist inzwischen Spiegelreporter in der Stuttgarter Redaktion. Wir erleben als Leser*innen mit ihm die 70er Jahre: Den Baden-Württembergischen Atommüllskandal, die Verbrechen der Baader-Meinhof-Gruppe, die Berichterstattung über den Prozess in Stammheim und der Skandal um den früheren Ministerpräsidenten Hans Karl Filbinger. Christian ist mittendrin im Geschehen, aber auch sein Privatleben hält ihn in Atem: Von seiner Frau hat er sich entfremdet und als der gemeinsame Sohn Peter tödlich verunglückt lässt sich das Paar scheiden. Zwar findet er eine neue Partnerin, aber dieser Schicksalsschlag liegt wie ein Schatten auf der Beziehung.
Die Zeit, die Felix Huby in diesem Roman beschreibt, ist mir aus meiner Jugendzeit noch sehr präsent. Die Antiatomkraftbewegung, die gerade beginnt, sich zu formieren, aber vor allem die sogenannte „bleierne Zeit“, in der die Gräueltaten der RAF die politische und gesellschaftliche Atmosphäre dominierte, wurden während der Lektüre des Romans wieder wach.
Felix Huby schreibt seinen Roman gut lesbar und spannend, allerdings in eher journalistischem Stil. Besonders interessant sind natürlich die Szenen, in denen er über die Arbeit als Korrespondent schreibt: Wie er recherchierte, wie die Artikel dann in Gemeinschaftsarbeit entstanden, wie sorgfältig geprüft wurde, ob die Fakten stimmen und sie sie per Fax nach Hamburg geschickt wurden – kaum mehr vorstellbar in unserer digitalisierten, hektischen Gegenwart. Auch die Beschreibungen des RAF-Prozesses in Stammheim, von dem er berichtete sind spannend: So durften die Journalisten nicht einmal Kugelschreiber mit in den Gerichtssaal nehmen, es wurden Leibesvisitationen durchgeführt und für die Reporter standen Münztelefone bereit, mit Hilfe derer sie ihre Berichte an ihre Redaktionen durchgeben konnten.
Diese Themen dominieren den Roman, und das ist auch gut so, denn die Darstellung des Privatlebens von Christian Ebinger hat mich nicht ganz so überzeugt. Zwar bewegte mich ein Schicksal und die Suche nach seinem Weg durchaus, aber hier fehlte mir die Tiefe. Das Eindringen in die verschiedenen Persönlichkeiten ist für mich nicht ganz gelungen und blieb mir zu sehr an der Oberfläche.
Die Dichte und Authentizität seines Romans „Heimatjahre“ hat dieser Roman allerdings nicht mehr erreichen können. Trotzdem habe ich das Buch gerne und sehr zügig durchgelesen!
Fazit: Ein spannender, persönlicher und lesenswerter Roman über einen prägenden Zeitraum bundesrepublikanischer Geschichte mit einer Fülle an interessanten Details.
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