Dieses Buch gewann ich bei Lovely Books für eine digitale Leserunde, die dort gemeinsam mit dem Beck Verlag organisiert wurde, der die Freiexemplare dafür zur Verfügung stellte.

Der Roman war für mich ein echtes Leseerlebnis und ein erstes literarisches Highlight des noch jungen Jahres 2025! Rabea Edel nähert sich in ihrem Roman der Lebensgeschichte 3er Frauen an, die geprägt sind von der Kriegs- und Nachkriegszeit und von der Leerstelle, die fehlende Väter hinterlassen. Raisa wächst auf im Bremerhaven der 80er Jahre, sie ist allein mit ihrer Mutter, wer ihr Vater ist weiß sie nicht. Ihre Mutter Martha jedoch schweigt hartnäckig und weigert sich, etwas über den Vater zu erzählen. Dieses Schweigen ist eines der Themen des Romans, denn auch Marthas Mutter Selma schwieg über das, was ihr widerfahren ist.

Aber Raisa ist hartnäckig und stellt immer wieder Fragen. Als dann Mat, der Nachbarsjunge verschwindet, beginnt Martha zu erzählen – allerdings nicht direkt im Gespräch, sondern in vielen kurzen Briefen, die sie in den Ritzen der Gartenmauer versteckt.

Das mag sich auf den ersten Blick anhören wie ein Roman, der etwas erzählt, was man schon öfter gelesen hat. Der Reiz der Lektüre liegt in der Sprache und der Form, in der Rabea Edel die Schicksale erzählt. Wie in einem Puzzle, dessen Teile sich erst langsam zu einem Bild zusammensetzen und bei dem manche Teile auch bis zum Ende fehlen werden, entfaltet sich eine Geschichte von Verlusten, Gewalt und Missbrauch. Manches wird in frühen Passagen angedeutet und klärt sich erst gegen Ende, manches bleibt offen. Das erfordert ein genaues und konzentriertes Lesen, dabei erleichtert der Stammbaum, der im Buch abgedruckt ist, die Zuordnung der einzelnen Figuren.

Rabea Edel findet zudem eine wunderbare Sprache, wenn Raisa zum Beispiel ihren Geburtstag feiert, steht manchmal „der Schatten meines Vaters in der Ecke eines Zimmers und sah uns zu“. Es baumeln aber auch Wörter unter der Zimmerdecke oder die Nachbarn führen Schweigegespräche. So erweckt die Autorin in diesem autobiographisch gefärbten Text die Geister der Vergangenheit in ihrer Familie wieder zum Leben und bringt für ihr Alter Ego Raisa und für uns Lesende Licht in die Schicksale von Mutter und Großmutter. Das Schweigen wird zwar nicht ganz gebrochen, aber Martha und Raisa haben geklärt, was für das weitere Leben wichtig ist und manches kann heilen.

„Mach ein Buch draus“ sagt Mat am Ende des Romans und auf die Frage, wer das lesen solle sagt er „Alle die sich trauen.“ Ich kann Sie nur dazu ermuntern, sich zu trauen – Sie werden mit einem wunderbaren, ergreifenden, ganz besonderen Leseerlebnis belohnt!

Wenn Sie Lust bekommen haben auf das Buch, können Sie es im Vaihinger Buchladen bestellen oder herunterladen. Der Link führt direkt zum Titel im Webshop. Wenn Sie vorher einen Blick ins Buch werfen möchten, finden Sie hier eine Leseprobe.