© Susanne Martin

Manchmal gibt es Zeiten, in denen ich mich einfach nur unterhalten lassen will und da kam mir diese Hörbuch-Reihe gerade recht. 57 Stunden und 21 Minuten entführt uns die Bestsellerautorin Petra Durst-Benning in die Welt der Fotografie Anfang des 20. Jahrhunderts.

Der Verlag beschreibt den Inhalt kurz und knapp so: „Gegen alle Widerstände wird Mimi Reventlow Fotografin, und findet nicht nur ihre Freiheit, sondern auch die Liebe … Als junge Frau entdeckt Mimi Reventlow 1911 im Atelier ihres Onkels Josef in Laichingen ihre Freude an der Fotografie. Fortan träumt sie davon, als Wanderfotografin zu arbeiten. Doch sie möchte auch ihren kranken Onkel nicht im Stich lassen und stellt sich den Härten des Lebens. Aber auch die Liebe lernt sie kennen. Später dann geht sie ihren Weg, der durch die Wirren des Ersten Weltkriegs schließlich bis nach Hollywood in der großen Ära das Stummfilms führt.“ (© Audiobuch)

Ich wusste gar nicht, dass es früher einmal Wanderfotografen gab, die ihr Geld damit verdienten, mit ihrer Ausrüstung durch die Lande zu ziehen und als Gastfotografen in Fotoateliers arbeiteten, aber auch auf Jahrmärkten oder bei anderen Anlässen Fotos machten. Mit Mimi Reventlow hat Petra Durst-Benning eine starke Frauenfigur geschaffen, die sich den Respekt ihrer Kollegen in der männlich dominierten Branche erarbeitet: Sie arbeitet kreativ, setzt ihre Bilder auf ganz besondere Weise in Szene und als sie einmal die Königin von Württemberg fotografieren darf, stärkt das ihren guten Ruf. Als sie für einige Zeit ihren Onkel in Laichingen auf der Schwäbischen Alb pflegt, lernen wir mit ihr das harte Leben der Weber kennen und es betreten weitere Hauptfiguren die Bühne: Der talentierte Alexander, der eigentlich seine Lehre in der Leinenweberfabrik von Hermann Gehringer beginnen soll, dem Mimi jedoch zu einem Stipendium an der Stuttgarter Kunstschule verhilft. Der Sohn des Gastwirts Anton, der Mimi bewundert und den es hinauszieht in die Welt. Anstatt im Gasthof weiter mitzuarbeiten schließt er sich Mimi an, als sie Laichingen verlässt. Die beiden werden irgendwann Geschäftspartner in einer Druckerei, bis Mimi dann einen unerwarteten Auftrag in Amerika bekommt.

Petra Durst-Benning gelingt es wunderbar, die Atmosphäre dieser Zeit der Umbrüche einzufangen. Wir erleben die Veränderungen im Bereich der Fotografie durch neue Techniken, auch im Druckbereich mit, tauchen aber auch ein in die Welt der Leinenweber, des Münsinger Truppenübungsplatzes und in die Stuttgarter Kunstwelt. Vor diesen sorgfältig recherchierten historischen Hintergründen entfalten sich die persönlichen Dramen der Protagonist:innen, die für zusätzliche Spannung sorgen. Lediglich im 5. Teil hatte ich dann das Gefühl, dass er doch etwas länglich geraten ist und dass die Autorin hier versucht, alle Fäden endgültig zusammenzuführen. Das hätte für meinen Geschmack etwas kürzer sein dürfen. Was ich sehr angenehm fand: Auch nach längeren Hörpausen, die es natürlich auch mal gab, fand ich jedes Mal sehr schnell wieder in die Geschichte hinein!

Die Lesweise von Svenja Pages hat mir gut gefallen, sie ist zurückhaltend, gibt aber den Hauptpersonen ihre eigene Stimme. Was mich allerdings etwas störte war, dass zwischen den Perspektivwechseln der Schnitt oft sehr hart und unvermittelt war, das hätte ich mir etwas sanfter gewünscht.

Fazit: Insgesamt ein spannendes Hörvergnügen, bei dem ich auch viel gelernt habe. Wieder einmal beweist Petra Durst-Benning ihr besonderes Geschick, starke Frauenfiguren zu schaffen, dabei jedoch gleichzeitig zu erzählen, wie historische Epochen sich auf den Alltag der Menschen ausgewirkt haben. Hörens- bzw. lesenswert!

Ich habe diese Reihe in CD-Form gehört, es sind jedoch nicht mehr alle Teile lieferbar. Es gibt sie natürlich auch als Buch. Auf der Seite des Vaihinger Buchladen finden Sie eine Übersicht der lieferbaren Teile. Die komplette Hörbuchreihe gibt es dort auch als MP3 Download. Folgen Sie dazu jeweils den Links, die direkt in den Webshop führen.

Eine kurze Hörprobe könne Sie sich hier anhören

Die Autorin war übrigens auch zweimal in der Schiller Buchhandlung zu Gast: Anfang der 2000er Jahre las sie in der vollen Buchhandlung aus ihrem Buch „Die Glasbläserin“, damals waren Websites noch nicht so einfach zu pflegen wie heute, deshalb gibt es darüber keinen Bericht. 2013 war sie noch einmal in Vaihingen bei einer gemeinsamen Veranstaltung mit der Stadtteilbibliothek. Dieses Mal mit ihrem Roman „Die Champagnerkönigin“ zu Gast. Darüber haben wir hier berichtet.