Diesen Krimi las ist für meine Jurytätigkeit bei den Stuttgarter Kriminächten und bedanke mich beim Grafit Verlag, der mir ein Leseexemplar zur Verfügung gestellt hat. Laut Verlag zeigt die Autorin in diesem Buch schonungslos die Auswüchse von Privatisierungs- und Effizienzwahn im Gesundheitssektor auf. Das fand ich ein interessantes Thema und ich war gespannt, was mich erwartet.

De Verlag beschreibt den Inhalt so: „Mieke Jentsch macht ihren Job als stellvertretende Klinikverantwortliche schon deutlich zu lange. Als ihr Vorgesetzter unerwartet Suizid begeht, rückt sie in die Chefposition auf und wird beauftragt, Kliniken an einen Medizinkonzern zu verkaufen. Ist der Milliardendeal die Chance, ihre Fähigkeiten endlich unter Beweis zu stellen? Doch je tiefer Mieke in die Materie vordringt, desto größer werden ihre Zweifel daran, dass ihr Vorgänger freiwillig aus dem Leben gegangen ist. Als sie das Opfer mehrerer Anschläge wird, beginnt sie zu ahnen, dass sie längst zur Schachfigur in einem tödlichen Spiel geworden ist . . .“ (© Grafit Verlag)

Das Buch ist wirklich spannend, obwohl ich mir schwer tat mit dem Aufbau: Lucie Flebbe erzählt aus mehreren Perspektiven und es dauerte relativ lange, bis ich in die Geschichte reingekommen bin, zumal die einzelnen Abschnitte oft sehr kurz waren. Vor allem das hat mich auch nicht so ganz überzeugen können, es hat bei mir nicht für Spannung gesorgt, sonder eher für eine gewisse Mühsal beim Lesen. Im Laufe des Romans setzte sich langsam ein Bild zusammen und auch die beiden Hauptpersonen Mieke und der eigenwillige Coach Mo gewinnen immer mehr an Tiefe. Das ist es, was mich letztendlich dann auch bei der Stange gehalten hat.

Mieke ist eine ehrgeizige junge Frau, die unbedingt Karriere machen möchte, die aber auch merkt, dass ihr die dafür notwendige Skrupellosigkeit fehlt. Als sie vom Abteilungsleiter für unfähig erklärt und in ein Coaching geschickt wird, bringt sie das an ihre Grenzen. Denn es handelt sich hier keineswegs um eine normales Coching, sondern Mo arbeitet mit Pferden, die sofort spüren, ob ein Mensch die natürliche Autoritärt ausstrahlt, die eine Führungskraft, die nach oben will, haben sollte. Als sie dann unerwartet doch in die Chefposition vorrückt, stellt Mieke das nicht nur als Führungskraft, vor eine große Herausforderung, sondern sie sieht auch ihre Werte in Frage gestellt. Hat der Abteilungsleiter sie nicht nur deshalb befördert, weil sie ihrem Vorgänger inhaltlich zugearbeitet hat, sondern auch gerade deshalb, weil er glaubt, dass sie widerstandslos dem Verkauf der Reha-Klinken der Rentenversicherung an einen privaten Klinikkonzern vorbereiten und durchführen wird? Als sie Sanna aus dem Betriebsrat kennenlernt, sieht sie den Verkauf immer kritischer. Und als sie mehrfach in lebensgefährliche Situationen gerät, aus denen Mo ihr heraushelfen kann, beginnen beide, nachzuforschen, wer hinter den Anschlägen stecken könnte.

Dazu gibt es eine ganze Reihe von Nebenfiguren, deren Rolle zu Beginn völlig unklar ist, die aber im Laufe der Handlung an Kontur gewinnen bis sich am Ende des Buches ein Gesamtbild ergibt.

Man merkt dem Buch an, dass sich Lucie Flebbe intensiv mit dem Thema beschäftigt ist – ein Thema, das ihr als ausgebildeter Physiotherapeutin sicher auch nahe liegt. Über die Privatisierung der Kliniken, die alle unter einem enormen Kostendruck stehen und deshalb zu fragwürdigen Mitteln greifen, kann man zu Zeit regelmäßig in der Zeitung lesen und in diesem Thriller zeigt die Autorin tatsächlich die Auswüchse von Privatierungs- und Effizienzwahn auf, unter dem Personal und Patient:innen zu leiden haben. Durch die vielen Handlungsfäden jedoch hatte ich das Gefühl, dass sie insgesamt etwas zu viel hineingepackt hat. Dass eine der Pflegerinnen aus Afghanistan stammt und verzweifelt versucht, ihre kleine Tochter und Schwester nachzuholen, war mir dann einfach zu viel, denn auch das ist ein hoch komplexes Thema, das es wert wäre, in einem eigenen Roman gewürdigt zu werden. Trotzdem gewann der Thriller nach dem ersten Drittel immer mehr an Fahrt und es gibt am Schluss einige wirklich überraschende Wendungen.

Fazit: Spannende Krimikost mit einem interessenten Thema, allerdings mit kleinen Einschränkungen was den Aufbau und die thematische Überfrachtung anbelangt. Trotzdem lesenswert!

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