© Susanne Martin

Auf der Urlaubsterrasse in den Bergen liest sich das Buch natürlich besonders gut! (© Foto: Susanne Martin)

Dieses Buch stand im Vaihinger Buchladen auf der Empfehlungsliste und weil ich schon öfter in Südtirol war, schien es es mir die richtige Ferienlektüre für den Urlaub in unseren Tiroler (ohne Süd) Ferienhäusle.

Auf drei Zeitebenen erzählt die Autorin die Geschichte einer Südtiroler Bergbauernfamilie. Rosa übernimmt in den 40er Jahren nach dem Tod ihres Vaters den auf 1670 Höhenmetern gelegenen Innerleithof. Ihr Bruder ist im Krieg gefallen, ihr Verlobter kommt mit nur noch einer Hand zurück und erträgt das Leben mit dieser Einschränkung nicht. So führt Rosa den Hof als alleinerziehende Mutter, zu ihrem Sohn Sepp kann sie nie eine liebevolle Beziehung aufbauen. Während Rosa den Hof mit dem Wissen der Generationen vor ihr führt, will Sepp den Hof modernisieren, weg vom mühevollen Getreideanbau an den steilen Hängen hin zur modernen Milchviehhaltung. Seine Ehe scheitert, aber sein Sohn Hannes will den Hof übernehmen. Gemeinsam mit seiner Frau Franziska und den beiden Kindern steht er vor der Herausforderung, die immer geringeren Einnahmen aus der Landwirtschaft zu kompensieren. Gelingen soll das mit dem Vermieten von Ferienwohnungen. Die Herausforderung, Kindern, Feriengästen und dem Hof gerecht zu werden, stellt jedoch seine Ehe mit Franziska vor eine Zerreissprobe.

Dieser Roman hat mir aus mehrerlei Gründen wirklich sehr gut gefallen: Da sind zum einen die stark gezeichneten Hauptfiguren Rosa, Sepp und Franziska. Für Rosa steht der Hof im Mittelpunkt ihres Lebens und fordert all ihre Kraft. Das macht es ihr unmöglich, Sepp die Mutterliebe zu geben, die er so dringend braucht. Je älter er wird, desto mehr hinterfragt er die Hofführung der Mutter, die sich gegen jede Modernisierung sperrt. Aber auch er muss sich irgendwann fragen, ob die Moderniserung  und komplette Umstellung auf Milchvieh wirklich die richtige Entscheidung war, denn es geht nur noch um das Erfüllen der Quoten. Er muss erkennen, dass die Familie seines Sohnes denselben Existenzkampf führt wie einst Rosa: Der Hof steht im Mittelpunkt, alles andere hat sich unterzuordnen. Dass sein Sohn an Feriengäste vermieten muss, will ihm nicht in den Kopf und er geht auf Distanz zu ihm und dessen Familie. Franziska, die ihre Träume von einer Dissertation als Biologin aufgegeben hat, reibt sich auf, die immer größer werdenden Ansprüche der Feriengäste erweisen sich zunehmend als unerfüllbar. Besonders die Charaktere der beiden Frauen sind einfühlsam und tiefgehend gezeichnet, ich konnte richtig mitleben mit ihren Wünschen, Hoffnungen und Problemen.

Aber auch das Leben auf dem Hof ist sehr realistisch gezeichnet. Das, was die Feriengäste als Idylle wahrnehmen ist allerhärteste Arbeit. Franziska steht unter dem Diktat des Goldenen Huhn, der Tourismusorganisation der Region, die dafür sorgt, dass alle Wünsche der Tourist:innen erfüllt werden. Die Ansprüche steigen, wer nicht genügend Küken (das Qualitätsmerkmal für Quartiere) vorweisen kann, bekommt weniger Gäste. Aber wie soll sie die Idylle aufrechterhalten von der Bäurin, die auf dem Hof mitarbeitet, die Kinder erzieht (natürlich so, dass sie möglichst wenig Lärm machen) und auch noch die perfekte Vermieterin sein soll? Hier bekommen die Feriengäste ordentlich den Spiegel vorgehalten!

Vor allem, wenn man diese Passagen liest, könnte man meinen, hier schreibt sich eine Südtirolerin den Frust von der Seele – aber so ist es nicht. Jarka Kubsova ist gebürtige Tschechin, die seit Mitte der 80er in Deutschland lebt und als Journalistin, Ghostwriterin und Co-Autorin arbeitet. Für diesen, ihren ersten, Roman hat sie 7 Monate auf einem Südtiroler Bergbauernhof gelebt. Und das merkt man: Die Autorin ist tief in die Südtiroler Geschichte und in die Seele der Bergbauern vorgedrungen. So ist ihr ein vielschichtiger, wunderbarer Roman gelungen, der seinen Figuren am Ende auch eine Perspektive aufzeigt.

Fazit: Ein toller Roman, nicht für für Südtirolfans, sondern für alle, die sich für Familiengeschichten interessieren, die gleichzeitig den Wandel einer Region erzählen! Absolut lesenswert!

Wenn Sie sich einen Eindruck von Stil und Sprache des Roamns machen wollen, können Sie hier einen Blick ins Buch werfen.

Wenn Sie Lust bekommen haben, das Buch zu lesen, können Sie es im Vaihinger Buchladen bestellen oder herunterladen. Der Link führt direkt zum Titel im Webshop.