Malla Nunn kannte ich bisher als Krimiautorin, deren Romane im Südafrika der 1950er Jahre spielen. Als ich las, daß es von ihr einen neuen Roman gibt (kein Krimi!) interessierte er mich sofort und ich freute mich sehr, daß er unterm Weihnachtsbaum lag!

Der Inhalt

Januar 1965 in Swasiland: Schulbeginn an der Keziah Christian Academy, einem Internat ausschließlich für ›Mischlinge‹. Adele Joubert ist gut darin, nicht anzuecken: immer lächeln, die Regeln befolgen, keinen Ärger machen. Doch nun kommt eine Neue aufs Internat, und Adele büßt ihren Platz in der Gruppe der privilegierten Mädchen ein. Sie muss mit der Querulantin der Schule in die Kammer der toten Lorraine ziehen, wo es spukt …
Mit Hilfe der Lektüre von Jane Eyre entflieht Adele ins ferne nasskalte England, doch die Internatswirklichkeit holt sie bald wieder ein, und sie sieht sich um ihre Wahrheiten kämpfen. (© Ariadne Verlag)

Meine Meinung

Dieser Roman hat mir sehr gut gefallen. Spannend, empathisch und mit leisem Humor erzählt Malla Nunn von Adele. Der Vater hat „tiefe Taschen“, wie es an einer Stelle heißt, das bedeutet, daß er seine Zweitfamilie finanziell großzügig unterstützt. Jeden Donnerstag begleitet Adele ihre Mutter zur Telefonzelle des Dorfes, in dem sie leben, wo sie mit dem Vater telefonieren, manchmal kommt er auch, um sie zu besuchen. Er finanziert außerdem Adeles Internatsausbildung.

Mit Adele erleben wir Leser:innen den Alltag in dieser Schule, in der ausschließlich Mischlingskinder unterrichtet werden. Auch dort gibt es klare Hierarchien und einen Verhaltenskodex unter den Schüler:innen. Die Kinder wohlhabender Eltern werden besser behandelt als die Armen: Sie bekommen größere Essensportionen (schließlich haben sie mehr bezahlt oder gespendet), müssen nicht in einer langen Schlange anstehen, um ihre  gebrauchtenSchulbücher zu erhalten (die die anderen selbst mitbringen) und werden bei der morgendlichen Sauberkeitsinspektion übergangen. Und wem es glingt, mit den „Oberligamädchen“ zusammen zu sein, genießt Ansehen unter den Mädchen. Zu dieser Oberliga gehörte Adele bisher und der Schock ist groß, als sie nach den Ferien nicht nur ihren Platz in der Clique einbüßt, sondern auch noch mit Lotti Diamond in ein Zimmer gesteckt wird, einem Mädchen, das „halb jüdisch, ein Viertel schottisch und der Rest rein Zulu“ ist. Aber im Laufe des Romans beginnt Adele sich zu ändern. Sie merkt, daß Lotti zwar im Gegensatz zu ihr nicht höflich und brav ist, sich aber ihre eigene Strategie geschaffen hat, mit den Demütigungen zurecht zu kommen, die ihr zugefügt werden. Und so beginnt Adele selbst, die Regeln, die sie bisher so brav und unreflektiert befolgt hat, immer öfter zu hinterfragen und sich zu verändern.

Wie Mala Nunn das erzählt, hat mich beeindruckt. Sie erzählt konsequent aus der Perspektive von Adele und wir erleben mit, wie Adeles Blick für die Ungerechtigkeiten sich schärft und sie, wie Lotti, beginnt, sich nicht mehr nur zu fügen, sondern selbstbewusst zu agieren. Dieser Prozess ist schmerzhaft, aber Lotti wird ihr, nicht nur durch die gemeinsame Lektüre von Jane Eyre zu einer guten Freundin, ohne daß ihr das zunächst bewusst ist. Und es wäre kein Roman von Malla Nunn, wenn nicht auch noch ein kleines kriminalistisches Moment in ihm enthalten wäre: Im Internat ist auch ein Junge mit Trisomie 21, mit dem Lotti sich angefreundet hat, und der irgendwann spurlos verschwindet. Lotti ist die Einzige, die ihn vermisst und schlimmes befürchtet. Was mit ihm passiert ist, löst sich erst am Ende auf.

„Ist die Erde hart, tanzen die Frauen“ ist das titelgebende Afrikanische Sprichwort. Und am Ende begreift auch Adele, was es bedeutet: Die harte Erde mit all ihrer Ungerechtigkeit, dem Schmerz und der Grausamkeit, auf der sie und ihre Mutter stehen, kann nicht ersetzt werden, aber sie kann verändert werden. Die Frauen tanzen, um Freude zu bringen und die Erde weicher zu machen. Und sie tanzen für Veränderung.

Fazit: Ein wirklich lesenswerter Roman, der mich berührt und gefesselt hat. Leseempfehlung!

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