Dieses Buch lag als Überraschung auf meinem Geburtstagstisch. Ich hatte gar nicht mitbekommen, daß es einen neuen LeCarré gibt – so etwas kann passieren, wenn man keine Buchhandlung mehr hat! Umso gespannter war ich auf diesen Roman, schließlich ist es doch eine ganze Weile her, daß ich etwas vom Altmeiser des Spionagethrillers gelesen habe!
Nat ist 47, Spion und leidenschaftlicher Badmintonspieler. Nach jahrelangem Dienst im Ausland ist er nun zurück in England, versucht sein Familienleben mit seiner Frau Prue und der 19jährigen Tochter Steff wieder aufzunehmen und rechnet damit, entlassen zu werden. In seinem Club lernt er den jungen Ed kennen, der ihn herausfordert und zu einem regelmäßigen Spielpartner wird. Beim anschließenden Bier schimpft Ed regelmäßig über den Brexit und zieht über den amerikanischen Präsidenten her. Ed ist Rechercheur, lässt sich aber genauso wenig über seine Arbeit aus wie Nat, der gerade damit beschäftigt ist, eine große Operation vorzubereiten, mit der sein Dienst einen russischen Oligarchen, der gleichzeitig für den KGB arbeitet, fassen möchte. Aber die Operation wird von ganz oben gestoppt und Nat wird auf ein vermeintliches Nebengleis abgeschoben, kommt dort jedoch einem ganz großen Coup auf die Spur.
Vordergründig passiert in diesem Thriller nichts oder nicht viel. Aber LeCarré gelingt es fast von Anfang an, eine Spannung aufzubauen, die sich langsam steigert. Viele Dialoge sind doppelbödig, niemand vertraut dem anderen, lediglich die Spiele mit Ed entspannen Nat, während sie mich als Leserin auch misstrauisch machten. Aus den Tiraden Ed’s gegen Trump und den Brexit spricht LeCarré selbst, der als überzeugter Europäer gegen den Brexit ist, seinen 88. Geburtstag auf einem Anti-Brexit Marsch verbrachte und in Interviews eindeutig Stellung gegen die britische Regierung bezieht. Während Ed kein Hehl aus seinen Überzeugungen macht, hat Nat eigentlich keine mehr – das Anwerben von Quellen, die für seinen Dienst spionieren ist zum Selbstzweck geworden, von Überzeugung ist bei ihm, wie wir in einem Dialog mit seiner Tochter erfahren schon lange keine Rede mehr: „Ein zehntklassiges Minderheitenkabinett der Tories. Ein schauderhafter Außenminister, dem ich zu dienen habe.“ (S. 50) Umso größer sein Schock, als sich herausstellt, daß Ed für den amerikanischen Bruderdienst arbeitet und zum Geheimnisverräter wird. Das stellt Nat vor die Frage, wem letztendlich seine Loyalität gelten soll.
Fazit: Ein sprachlich eleganter Agentenroman, der mir gut gefallen hat und der voller aktueller Bezüge steckt. Wer Action erwartet, sollte die Finger davon lassen, wer sich auf ein raffiniertes Beziehungsgeflecht einlassen kann, der wird dieses Buch sehr gerne lesen!
Zu diesem Buch gibt es zahlreiche Rezensionen, auf Perlentaucher werden zwei zusammengefasst.
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