Dieser Film interesierte mich schon lange, aber er kam in Corona-Zeiten ins Kino und ich dachte mir, irgendwann wird er als DVD kommen oder im Fernsehen. Das Erscheinen als DVD habe ich tatsächlich verpasst, aber am Internationalen Frauentag 2023 wurde er im Fernsehen ausgestrahlt. Ein passender Termin!
Das Warten hat sich auf jeden Fall gelohnt. Es ist wirklich sehr spannend, wie der Dokumentarfilmer Torsten Körner in historischen Fernsehausschnitten und aktuellen Interviews mit den damals politisch handelnden Frauen den langen und steinigen Weg aufzeichnet, den Frauen zurücklegen mussten, um in der Bundesrepublik politisch ernstgenommen zu werden. Es ist heute kaum noch vorstellbar, wie Frauen von den machtbesessenen und machtbesoffenen Männern behandelt wurden. Da wurde doch allen Ernstes in Talkshows darüber gesprochen, ob Frauen das überhaupt können, politisch arbeiten, die Moderatoren (die männliche Form ist Absicht) stellten, oft mit ironischem Unterton, Fragen, die sie Männern niemals gestellt hätten.
Es ist starken, im wahrsten Sinne unbeugsamen Frauen zu verdanken, die sich nicht beirren ließen, dass wir heute ein gutes Stück weiter sind. Sie hielten mutige Reden und hielten es dabei aus, daß die männlichen Abgeordneten sie mit Zischenrufen unterbrachen, höhnisch lachten, sich auf die Schenkel klopften oder am Ende der Rede der Rednerin den Rücken entlang strichen, um festzustellen, ob sie einen BH trugen oder nicht.
Dabei ist der Film thematisch gut geordnet und so gleichzeitig ein Streifzug durch die Geschichte der Bundesrepublik bis zum Beginn der Ära Merkel. Zu Wort kommen Frauen aller damaligen Parteien, u.a. Herta Däubler-Gmelin, Carola von Braun-Stütze, Renate Schmidt, Rita Süßmuth oder Ingrid Matthäus-Maier, aber auch bereits verstorbene Frauen wie Hildegard Hamm-Brücher oder Petra Kelly sind vertreten. Torsten Körner greift einerseits wichtige politische Debatten auf (Paragraph 218, NATO-Doppelbeschluss, Wehrmachtsausstellung, Misstrauensvotum 1983), stellt in anderen Abschnitten aber auch Persönlichkieten in den Mittelpunkt, einmal z.B. zwei so gegensätzliche Frauen wie Petra Kelly und Hannelore Kohl, die beide ihrem Leben direkt oder indirekt ein Ende setzten. Zwischen den historischen Filmdokumenten kommen die ehemaligen Politikerinnen zu Wort und ordnen die damaligen Geschehnisse und Erlebnisse ein.
An vieles erinnerte ich mich noch, aber dieser Blick zurück zeigte mir auch, wie selbstverständlich auch für mich die männliche Dominanz im Politikbetrieb damals war und wie unerträglich er in der Rückschau ist. Ja, wir sind weiter heute, aber nein, von wirklicher Gleichberechtigung sind wir immer noch weit entfernt. Das zeigt dieser unbedingt sehenswerte Dokumentarfilm!
Dieser Trailer vermitelt Ihnen einen kleinen Eindruck des Films
Die DVD ist im Buchhandel bestellbar