Von Ursula Poznanski habe ich bereits zwei Jugendbücher gelesen bzw. gehört: Layers und Elanus. Besonders Layers hat mir sehr gut gefallen, setzt sich doch dieser Thriller durchaus kritisch mit den neuen Möglichkeiten digitaler Geschäftsmodelle auseinander, ohne dabei auch nur eine Sekunde langweilig zu sein. Während bei diesen beiden Romanen Jungen im Mittelpunkt standen (und ich sie entsprechend gut für Jungen empfehlen konnte), steht im neuen Thriller der Wiener Autorin ein Mädchen im Mittelpunkt.

Der Inhalt

Nika erwacht vollkommen verkatert in ihrem WG – Zimmer in Siena. Sie scheint am Samstag wirklich zuviel getrunken zu haben, obwohl sie eigentlich vorsichtig mit dem Alkohol ist, nachdem sie einmal am frühen Morgen im Park erwacht ist. Aber sie merkt schnell, daß etwas nicht stimmt: Ihr Handy ist ebenso weg wie ihre Wohnungsschlüssel und der Akku aus ihrem Laptop, die Wohnung ist abgeschlossen. Ihre Mitbewohnerin Jenny ist ebenfalls verschwunden und im Badezimmer findet sie nicht nur ein blutverschmiertes Männer T-Shirt, sondern auf dem auf dem Spiegel steht auch eine mit Zahnpasta hingeschmierte Warnung: LETZTE CHANCE. Als sie den Fernseher anschaltet und feststellt, daß schon Dienstag ist, ihr also 2 volle Tage fehlen, ist sie vollkommen schockiert. Mit Hilfe von Jennys Freund Lennard, der vorbeikommt, um mit seiner Freundin zu sprechen, die er seit 2 Tagen nicht mehr gesehen hat, kann Nika sich aus der Wohnung befreien. Lennard erzählt ihr, daß sie sich schrecklich mit Jenny gestritten hat und beide überstürzt die Bar, in der sie sich getroffen hatten, verließen, aber mehr weiß er auch nicht. In ihrer Hosentasche findet sie einen zerknitterten Zettel, auf dem sie sich verschlüsselte Hinweise notiert hat und die darauf hindeuten, daß irgend etwas furchtbares passiert sei muss:

Weihnachten voller Angst
Halte dich fern von Einhorn und Adler
Cor magis tibi sen pandit
Das Blut ist nicht deins
…..

Was um alles in der Welt soll das bedeuten? Nika macht sich auf die Suche nach Jenny und versucht, die Lücken in ihrem Gedächtnis zu schließen……….

Die Hauptfiguren

Nika ist erst seit ein paar Wochen als Austauschstudentin an der Universität Siena. Sie und ihre Mitbewohnerin Jenny wohnen noch nicht so lange zusammen. Nika spricht zwar schon etwas italienisch, aber weil sie sich hauptsächlich in der Clique der Austauschstudenten aufhält, noch nicht fließend. Das erweist sich zunehmend als problematisch, denn als sie beginnt, nach Jenny zu suchen, auch zur Polizei geht, kommt sie an die Grenzen ihrer Sprachkenntnisse. Zunächst hilft ihr Lennard, Jennys Freund, der ihr auch von der Ohrfeige erzählt, die Jenny ihr in rasender Eifersucht gegeben hat, weil sie völlig hemmungslos mit ihm geflirtet hat. Kurze Zeit später trifft sie Stefano, einen Italiener, der fließend Deutsch spricht und der ihr anbietet in seiner WG zu übernachten. Aber als sie in der Wohnung eintrifft, konfrontiert sie seine Mitbewohnerin Liz voller Wut mit ihrem nächsten seltsamen Verhalten, bei dem sie angeblich Liz mit einem Schlüssel verletzt hat. Nika wird immer unsicherer – die irrationalen Handlungen, von denen man ihr erzählt passen nicht zu ihr und sie hat ständig das Gefühl, bedroht zu sein. Über ihre Mitbewohnerin Jenny, eine scheinbar hübsche und beliebte junge Frau findet sie zudem immer seltsamere Dinge heraus. Sie glaubt, niemandem mehr trauen zu können, auch Stefano nicht. Zwar scheint er sie sehr zu mögen, aber warum reagiert er manchmal so seltsam, wenn sie meint etwas herausgefunden zu haben?

Meine Meinung

Das ist ein wirklich wahnsinnig spannender Thriller, nicht nur für Jugendliche! Ursula Poznanski zieht ihre Leser*innen sofort hinein in einen Plot, dessen Spannung sich von Kapitel zu Kapitel steigert. Die geheimnisvolle Liste, die Nika geschrieben hat, führt sie und ihre Leser*innen durch verschiedene Orte in Siena und hilft ihr, immer wieder einmal ein kleines Puzzleteil zu finden. Nicht nur sie will wissen, was eigentlich los ist, sondern auch die Polizei, die irgendwann die Bühne betritt und wir natürlich auch. Ganz sicher punktet der Roman nicht durch psychologisch ausgefeilte Charaktere und ist sprachlich sehr konventionell erzählt, aber das tut dem Lesevergnügen keinen Abbruch.  Die Spannung resultiert nicht nur aus dem Kriminalfall, zu dem sich die Geschehnisse zunehmend entwickeln, sondern mindestens ebenso aus der Suche nach dem, was Nika widerfahren ist. Dabei gelingt es Ursula Poznanski sehr gut, die permanente Unsicherheit, in der Nika sich befindet, herauszuarbeiten und eine immer bedrohlichere Atmosphäre zu entwickeln.

Fazit: Ein toller Pageturner für Jugendliche beiderlei Geschlechts ab ca. 14 Jahren und für Erwachsene. Ich jedenfalls konnte nach der ersten Hälfte nicht mehr aufhören zu lesen und musste das Buch dann vollends in einem Rutsch durchlesen!