Im Hans-Fallada-Museum in Carwitz
Von unserem Urlaubsort in Mecklenburg-Vorpommern waren es gerade einmal 15 Kilometer und nachdem mir eine Buchhändlerin den Besuch des Museums sehr ans Herz gelegt hatte, machten wir uns bei strahlendem Sommerwetter auf in das idyllische Dörfchen Carwitz.
In seinem Haus direkt am Carwitzer See gelegen hat Rudolf Ditzen, wie Hans Falladas bürgerlicher Name lautet, seine glücklichste und produktivste Zeit erlebt. Als Landwirt führte er das Anwesen auch nach modernen Richtlinien.
Seinen Künstlernamen stellte der Märchenfreund Ditzen aus zwei Märchenfiguren der Gebrüder Grimm zusammen: in „Die Gänsemagd“ gibt es das treue Pferd Falada, das immer die Wahrheit spricht und den Vornamen entlieh er sich aus „Hans im Glück“. Und unter Pseudonym schrieb er, damit sich sein Vater, ein Richter, nicht bloßgestellt fühlte.
Im Glück war Hans Fallada aber eigentlich selten, denn sein Leben war geprägt von Süchten: Morphium, Alkohol und Zigaretten sorgten dafür, daß er immer wieder abstürzte und auch im Gefängnis landete. Seine Rettung war Anna Issel, die er 1928 kennenlernte und 1929 heiratete. Mit ihr hatte er 3 Kinder. Sie war es auch, die ihn nach dem ersten Riesenerfolg „Kleiner Mann was nun“ 1933 zum Kauf des Hauses in Carwitz überredete – eine Entscheidung, die dem Paar 11 glückliche und produktive Jahre bescherte. Wobei glücklich sicher nicht der richtige Ausdruck ist, denn glücklich war Fallada nur phasenweise, aber es war sicher die Zeit seines Lebens, die dem Glück am nächsten kam.
Im Museum kann man die Wohnräume der Familie besichtigen. Ein Audioguide erzählt einem interessantes und wissenswertes aus dem Leben Falladas und seiner Familie, immer wieder gewürzt mit Originalzitaten aus Briefen und Texten des Autors.
Gleich nach dem Eingang gelangt man in das Arbeitszimmer, auf dessen Schreibtisch noch eine Schreibmaschine steht, auf der Fallada seine Briefe schrieb. Seine Manuskripte schrieb er von Hand – in einer Vitrine in einem anderen Raum sind auch Manuskriptseiten zu sehen.
Durch das Esszimmer gelangt man in eine Glasveranda, von der aus man einen schönen Blick auf Garten und See hat. Wir hatten genügend Zeit und es war auch nicht voll, so daß wir uns an der dortigen Hörstation eine Feature von Wolfgang Röbel „Hans Falladas Jahre in Carwitz“ anhören konnten, das eine wunderbare Ergänzung zur Besichtigung darstellt.
Anna Issel (die Hans Fallada übrigens immer Suse nannte und die das Vorbild für die Romanfigur „Lämmchen“ aus „Kleiner Mann – was nun“ ist) kochte auch gerne und gut und hatte eine gut ausgestattete Küche.
In einer Vitrine dort ist ein Eintrag von Ernst Rowohlt, Falladas Verleger, zu sehen, in dem er nach einem Gelage anlässlich seines 50. Geburtstages seiner Hoffnung Ausdruck verleiht, auch seinen 75. dort feiern zu können. „Ohne mich“ ist der trockene Eintrag seiner Frau direkt darunter.
In einem der Räume besteht auch die Möglichkeit Dokumentationen und Filme anzusehen, außerdem gibt es eine Vitrine voller Erst – und fremdprachiger Ausgaben.
Besonders schön ist auch die Gartenanlage. Anna Issel war eine leidenschaftliche Gärtnerin und pflegte ein herrliches Staudenbeet, das Dreicksbeet, in dem z.T. noch Nachkömmlinge der damaligen Pflanzen blühen.
In einer Sitzecke am Bootshaus saß man an lauen Sommerabenden zusammen und genoß den Ausblick auf den See.
Von dort aus blickt man auch auf das Bienenhäuschen, das Fallada bauen ließ, um seine Obstbäume durch die Bienen bestäuben zu lassen. Die Episode, wie er mit seinen Gehilfen die Bienenvölker aus ihrem Korb in den Neubau umsiedelte sollte man sich im Audioguide auf jeden Fall anhören!
Die Hans-Fallada-Gesellschaft hat das Wohnhaus und das ganze Anwesen über viele Jahre hin restauriert. Besonders authenthisch wirken die Räume auch deshalb, weil die Söhne Falladas der Gesellschaft nach dem Verkauf ihres Sommerhauses viele Originaleinrichtungsgegenstände überließen. In der Scheune werden im Sommer literarische und kulturelle Sommervanstaltungen durchgeführt. „Freitags bei Fallada“ heißt die Reihe.
Wir hatten viel Freude bei unserem Museumsbesuch und ich kann jedem nur empfehlen, dort vorbeizuschauen, wenn es sich ergibt!
Text und Bilder: Susanne Martin